Frage an Dirk Niebel von Jörg Dr.-Ing. N. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Niebel,
die USA (nicht NATO) und Polen haben sich geeinigt , daß im ehemaligen Pommern eine Antiraketenbasis stationiert wird. Diese Waffe soll Intercontinentalraketen aus dem Iran "abfangen". Wo wird das geschehen ? Wie werden die Folgen in der un- mittelbaren Umgebung sein ? Die geringste Relativgeschwindigkeit der Flugobjekte ist natürlich westlich der Raketenstation, höchstwahrscheinlich über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Falls die Angriffsrakete mit Kernwaffen bestückt ist, kann das fatale Folgen haben ! Russland fühlt sich dadurch bedroht ( wohl mehr in seiner Angriffs- oder Verteidigungsfähigkeit ) und läßt das die Welt lautstark wissen. Warum wehrt sich bei uns niemand gegen diese Bedrohung ? Hier ist es wohl wichtiger, daß der "Atommüll" eine Million Jahre unschädlich gelagert werden kann!
MfG, Naumann
Sehr geehrter Herr Naumann,
gute Außenpolitik fußt auf festen Werten und orientiert sich an nationalen Interessen. Partnerschaftliche Bindung heißt nicht blinde Gefolgschaft. Die Pläne der Vereinigten Staaten von Amerika, Raketen in Polen und Tschechien zu stationieren, bergen die Gefahr der Spaltung Europas und einer neuen Aufrüstungsspirale, wie wir sie zuletzt Mitte der 80er Jahre erlebt haben. Das ist keine Privatangelegenheit von drei Ländern oder der Nato, sondern ein Thema für die ganze Europäische Union und alle unsere Nachbarn einschließlich Russland.
Europa darf sich nicht spalten lassen. Wir Liberalen sind Anhänger der wehrhaften Demokratie im Innern wie im Äußeren und haben mit Nachdruck an die Bundeskanzlerin appelliert, im nationalen und im europäischen Interesse nicht nur in Polen, sondern auch in Prag und in Washington gegen diese Raketenstationierung eindeutig Stellung zu beziehen. Die Raketenabwehrpläne müssen breit und seriös diskutiert werden, auch mit den Russen. Wenn die Bundesregierung darauf nicht besteht, macht sie den Eindruck, aus dem jahrzehntelangen erfolgreichen Prozess der Vertrauensbildung nichts gelernt zu haben. Es ist wichtig, der Abrüstungspolitik wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen und beispielsweise die Änderungen zum KSE-Vertrag aus dem Jahre 1999 endlich zu ratifizieren. Sonst droht in der Abrüstungspolitik ein Rückfall in die Zeiten des Kalten Krieges. Mit der Regierungsbeteiligung der FDP unter Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel war Friedenspolitik mit eigenen Abrüstungsinitiativen ein Kernstück deutscher Außenpolitik. Das sollte auch zukünftig wieder so werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel