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Frage von Christian S. •

Frage an Dirk Niebel von Christian S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Niebel,

ich habe zwei Fragen zum "liberalen Bürgergeld" der FDP:

1. Es soll entsprechend dem Parteitagsbeschluß der FDP beim liberalen Bürgergeld sowohl eine Bedürftigkeitsprüfung wie auch entsprechende Sanktionierungen, sprich Kürzungen des Bürgergeldes bei Ablehnung zumutbarer Arbeit, geben. Dazu wird ähnlich wie beim heutigen Hartz IV eine umfangreiche Verwaltungsbürokratie benötigt. Wo erwartet die FDP mit ihrem Bürgergeld dann den angekündigten großen Einsparungseffekt in der öffentlichen Verwaltung?

2. Die Antwort auf meine zweite Frage ist mir besonders wichtig.
Das liberale Bürgergeld der FDP ist nicht bedingungslos. Wer zumutbare Arbeit ablehnt, bekommt sein Bürgergeld gekürzt und damit seine Existenzgrundlage entzogen. Die FDP ist ja nun auch dezidiert gegen gesetzliche Mindestlöhne. Wie hat man sich das nun in der Praxis vorzustellen?

Konkretes Beispiel: ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber bietet eine Arbeit zu einer Bezahlung an, die 29,9 % unterhalb des Tariflohnes liegt, also so viel, daß der Lohn eben gerade noch nicht als sittenwidrig eingestuft werden kann. Der arbeitslose Bürgergeldempfänger lehnt diese Arbeit wegen der miesen Bezahlung ab. Bekommt er nach dem Willen der FDP nun sein Bürgergeld gekürzt? Was genau versteht die FDP unter "zumutbarer Arbeit", insbesondere hinsichtlich der Lohnhöhe? Wieviel Lohndumping auf Arbeitgeberseite ist erlaubt, um den Bürger um sein Bürgergeld zu bringen?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Störzer,

Grundlage unseres Bürgergeld-Konzeptes ist ein Steuer- und Transfersystem aus einem Guss. Alle steuerfinanzierten Sozialtransferleistungen werden gebündelt. Einsparungen gibt es durch weniger Verwaltungsaufwand bei unterschiedlichen Behörden und weniger Bürokratie. Die Transferleistungen werden transparenter und fairer. Alle, die arbeitsfähig sind, bekommen das Bürgergeld über die Finanzämter, die es als sogenannte Negativsteuer berechnen. Bedürftige, die aus eigener Kraft keine Chance haben, ein Einkommen zu erwirtschaften, erhalten es direkt über die Kommunen. Wer arbeitet, hat netto immer mehr hat als der, der nicht arbeitet, weil 40% anrechnungsfrei sind. Die eigene Anstrengung zahlt sich - unabhängig von Familienstand, Anzahl der Kinder und so weiter- aus. Das ALG II leistet das nicht, weil für alle Familien mit Kindern jeder selbst erarbeitete Cent über 1500 Euro von den Transferleistungen voll abgezogen wird. Zusätzliche Anstrengungen zahlen sich also nicht aus.

Das Bürgergeld muss individuell ausgestaltet werden, je nach Lebenssituation. Jeder Erwerbsfähige bleibt verpflichtet, zumutbare Arbeit auch anzunehmen. Zumutbar ist –wie von der rot-grünen Bundesregierung beschlossen - jede angebotene legale Arbeit, die nicht sittenwidrig ist. Transferleistungen dürfen nicht als die bessere Alternative zu legaler Arbeit wahrgenommen werden.

Der Mindestlohn kann nicht funktionieren: Liegt er unter dem Marktlohn, ist er wirkungslos, liegt er darüber, vernichtet er Arbeitsplätze. Gerade die vermeintlichen Gewinner eines Mindestlohns, die Geringverdiener, dürften die Verlierer sein. Ihre Arbeitsplätze werden mit Mindestlohn so teuer, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sind. Einfache Arbeit wandert dann ins billige Ausland oder in die Schwarzarbeit ab oder wird gleich durch Maschinen ersetzt. Der Staat muss für ein Mindesteinkommen sorgen, nicht für einen Mindestlohn. Wenn entsprechend der Produktivität Löhne gezahlt werden, die nicht existenzsichernd sind, muss der Staat sie aufstocken. Dazu gibt es viele Wege: ein Kombilohn etwa oder Zuschüsse zu den Sozialabgaben oder verbesserte Zuverdienstmöglichkeiten für ALG II-Empfänger. Diese Instrumente ermöglichen aber weitreichende Mitnahmeeffekte. Das Bürgergeld stellt ein Mindesteinkommen für jeden sicher, und zugleich schafft es zusätzliche Anreize, durch Arbeit ein höheres Netto-Einkommen zu erzielen. Damit ist es gerechter und wirksamer als jede Mindestlohnregelung. Durch den direkten Steuerzuschuss an den Bürger werden Mitnahmeeffekte minimiert.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel