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Frage von Benjamin G. •

Frage an Dirk Niebel von Benjamin G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Niebel,

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG" sieht vor, Telekommunikationsunternehmen ab 2008 zu verpflichten, Daten über die Kommunikation ihrer Kunden auf Vorrat zu speichern. Zur verbesserten Strafverfolgung soll nachvollziehbar werden, wer wann mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Bis spätestens 2009 soll zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden.

Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben, grade in Anbetracht der Tatsachen, dass
- dies einen Erheblichen Eingriff in die Grundrechte auf Privatsphäre,
freie Persönlichkeitsentfaltung und freie informationelle Selbstbestimmung darstellt,
- es damit möglich wird, bei Handy-Vieltelefonierern detaillierte
Bewegungsprofile der letzten 6 Monate durch ganz Europa zu erstellen,
- momentan eine Klage gegen die zugrunde liegende EU-Richtlinie 2006/24/EG vor dem EGH anhängig ist und daher unklar ist, ob die Verpflichtung zur Umsetzung nicht sowieso ex post entfällt sowie
- der Tatsache, dass die Arbeit Berufsgeheimnisträgern grade auf dem Schutz dieses besonderen Vertrauensverhältnisses vor staatlicher Kenntnisnahme beruht, was durch dieses Gesetz quasi ausgehölt wird?

Wie werden sie im November diesbezüglich abstimmen?

Über eine Antwort würde ich mich freuen!

Mit freundlichen Grüßen,
Benjamin Gehrels

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gehrels,

ich teile Ihre Bedenken. Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, der die Telekommunikationsdienste ab 2008 verpflichtet, die Daten ihrer Kunden sechs Monate lang zu speichern, haben sich die Sachverständigen in einer Anhörung überwiegend negativ zu Praxistauglichkeit, Bürokratieaufwand, Kostenbelastung der Unternehmen und Verfassungsgemäßheit geäußert. Die FDP-Bundestagsfraktion hat den Antrag 16/1421 „Reform der Telefonüberwachung zügig umsetzen“ (abrufbar unter http://dip.bundestag.de/btd/16/014/1601421.pdf ) eingebracht, der unsere Position verdeutlicht.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits gegen den Gesetzentwurf der Koalition zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Wir halten die Regelung für eine grundlegend falsche Weichenstellung. Auch der minimalistische Ansatz stellt einen Paradigmenwechsel in der Verpflichtung Privater zur Speicherung von Daten dar und stößt insoweit weiterhin auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Unser Antrag 16/128 „Gegen eine europaweit verpflichtende Vorratsdatenspeicherung“ ( http://dip.bundestag.de/btd/16/001/1600128.pdf ) wurde leider aufgrund der herrschenden Mehrheitsverhältnisse abgelehnt. Ich habe mich dem Gruppenantrag 16/1622 „Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen“ ( http://dip.bundestag.de/btd/16/016/1601622.pdf ) angeschlossen, der im Juni 2006 mit den Stimmen von Union und SPD abgelehnt wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel