Frage an Dirk Niebel von Joachim J. bezüglich Wirtschaft
Lieber Herr Niebel,
Da ich in Ihrer Diskussion mit Herrn Falken meine Webseite angesprochen worden ist, darf ich mich auch mit einer Frage melden, die sich aus Ihrer Antwort an Herrn Falken ergibt.
Sie haben die unterschiedliche Entwicklung von Löhnen und Gewinnen in Deutschland auf zu hohe deutsche Steuern und Lohnnebenkosten sowie das Ausbleiben notwendiger Arbeitsmarktreformen in Deutschland zurückgeführt. Mich würde deshalb interessieren, wie dazu Ihrer Meinung nach die gleiche Öffnung der sozialen Schere in allen alten Industrieländern paßt (siehe z.B. Grafik vom Chefvolkswirt der internationalen Investmentbank Morgan Stanley auf http://www.jjahnke.net/index_files/12354.gif ). Viele der Länder, die gewichtet in diese Erfassung eingegangen sind, z.B. USA und Großbritannien, haben kaum Kündigungsschutz und sehr niedrige Lohnnebenkosten und Steuern.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Jahnke
Sehr geehrter Herr Jahnke,
in einigen OECD-Ländern waren Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen erfolgreich. Es ist wichtig, den Anteil der Erwerbsfähigen zu erhöhen, die tatsächlich arbeiten. Stattdessen hat nach Angaben des IAB die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung seit 1991 um 3,8 Millionen Personen oder 13 Prozent abgenommen, die Vollzeitbeschäftigung sogar um 5 Millionen bzw. 18 Prozent. Der Anteil der Erwerbstätigen hat sich kaum verändert, weil Teilzeitbeschäftigung, geringfügige Beschäftigung und Selbstständigkeit zugelegt haben.
Als Folge wachsender Unternehmensgewinne investieren die Unternehmen wieder mehr im Inland. Dies gilt vor allem für Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt wächst in einem Tempo, das fast doppelt so hoch ist wie in den vergangenen fünf Jahren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich die Wachstumsraten der Im- und Exporte gegenüber 2005 nahezu verdoppelt. Mit 1,7 Prozent steuerte das Inland den größten Anteil zu dem deutlichen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,5 Prozent bei. Dafür sorgten vor allem die Bruttoanlageinvestitionen, die um mehr als fünf Prozent zulegten. Auch der private Konsum steigerte sich nach zwei schwachen Jahren. Auch das Vertrauen der Verbraucher steigt, da sich die Arbeitslosigkeit allmählich verringert.
Möglichst vielen Menschen sollte die Beteiligung am Erwerbsleben und ein Einkommen aus eigener Kraft ermöglicht werden. Seit den 70er Jahren steigt in Deutschland die Sockelarbeitslosigkeit. Sie ist strukturell bedingt und wird auch bei guter Konjunktur kaum abgebaut. Vor allem Geringqualifizierte und ältere Arbeitnehmer sind von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht. Um diese Lage zu verändern, brauchen wir eine dynamische Wirtschaftspolitik und geeignete Reformen. Ohne mehr Flexibilität in der Lohnpolitik und ohne Lockerungen im Arbeits- und Tarifrecht ist Vollbeschäftigung nicht zu erreichen. Steuern und Abgaben müssen gesenkt werden. Arbeitskosten müssen günstiger werden. Stattdessen sind die finanziellen Belastungen seit Jahresanfang weiter gestiegen. Es wäre für Arbeitnehmer und Unternehmen ein wichtiger Schritt, dass die Abgabenlast nicht weiter erhöht und Bürokratie abgebaut wird. Aber darauf ist leider unter der schwarz-roten Koalitionsregierung kein Verlaß.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel