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Frage von Andreas F. •

Frage an Dirk Niebel von Andreas F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Niebel,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut.

Sie haben einige wichtige Stellschrauben angesprochen. Das starre Arbeitsrecht (mit seinem Kündigungsschutz, den fehlenden Anreizen für Neueinstellungen und die Diskussion um Mindestlöhne), die hohen Lohnnebenkosten und die Staatsausgaben auf hohem Niveau.

Aber, mit Verlaub, Sie haben meine Frage leider nicht beantwortet.

Nicht nur die Unternehmensgewinne sprudeln, auch die Sparquote steigt. Kapital für Investitionen wäre durchaus vorhanden. Tatsächlich beobachten wir aber sinkende Bruttoanlageninvestitionen. Joachim Jahnke schreibt, dass der Anteil der Netto-Investitionen am verfügbaren Einkommen der Volkswirtschaft drastisch von etwa 8 % in 2000 auf nur noch 3 % im Jahr 2005 zurückgegangen ist (http://www.jjahnke.net/body_unterinvest.html).

Da muss man doch fragen, verflixt noch mal, die Unternehmen verdienen so gut wie lange nicht mehr, warum investieren sie denn immer noch nicht? Die Antwort schreit einen förmlich an: Weshalb sollten Unternehmen ihre Produktion ausweiten und Arbeitnehmer einstellen, wenn sich die Kaufkraft der meisten Deutschen reduziert?

Wenn Sie Bäcker wären, was wäre der Auslöser, um einen neuen Mitarbeiter einzustellen? Wenn Sie mehr Gewinn machen oder wenn die Leute mehr Kuchen kaufen wollen?

Ist es konjunkturpolitisch sinnvoll, wenn ein immer größerer Teil des Volkseinkommens an die Kapitalbesitzer geht und der Anteil der Arbeitnehmer und der Empfänger von Sozialleistungen immer weiter abnimmt?

Schafft der Aktionär Arbeitsplätze, wenn er mit seiner Dividende neue Aktien kauft? Oder der Arbeitnehmer, wenn er seine Lohnerhöhung im Restaurant ausgibt?

Wissen Sie was, Herr Niebel, wenn Sie mir nachvollziehbar begründen können, dass es für Wachstum und Arbeitsplätze gut ist, wenn viele etwas weniger bekommen und wenige viel mehr, dann trete ich in die FDP ein. Versprochen!

Viele Grüße
Andreas Falken

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Falken,

sehr geehrter Herr Jahnke,

steigt die Produktivität eines Landes, können Unternehmensgewinne und Einkommen entsprechend wachsen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich die Wachstumsraten der Im- und Exporte gegenüber 2005 nahezu verdoppelt. Mit 1,7 Prozent steuerte das Inland den größten Anteil zu dem deutlichen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,5 Prozent bei. Dafür sorgten vor allem die Bruttoanlageinvestitionen, die um mehr als fünf Prozent zulegten. Auch der private Konsum steigerte sich nach zwei schwachen Jahren.

Möglichst vielen Menschen sollte die Beteiligung am Erwerbsleben und ein Einkommen aus eigener Kraft ermöglicht werden. Seit den 70er Jahren steigt in Deutschland die Sockelarbeitslosigkeit. Sie ist strukturell bedingt und wird auch bei guter Konjunktur kaum abgebaut. Vor allem Geringqualifizierte und ältere Arbeitnehmer sind von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht. Um diese Lage zu verändern, brauchen wir eine dynamische Wirtschaftspolitik und geeignete Reformen. Ohne mehr Flexibilität in der Lohnpolitik und ohne Lockerungen im Arbeits- und Tarifrecht ist Vollbeschäftigung nicht zu erreichen. Preis und Leistung müssen auch bei der Arbeit in einem akzeptablen Verhältnis stehen. Aus unserer Sicht sollte jeder zumindest die Chance bekommen, die seiner Qualifikation und seiner Belastbarkeit entspricht. Viele Menschen empfinden die starke Lohnspreizung zwischen Gering- und Hochqualifizierten als ungerecht. Eine vermeintliche Solidarität wie die Einführung eines Mindestlohns wird aber zu einem weit ungerechteren Ergebnis führen, nämlich zum Ausschluss von bezahlter Beschäftigung. Wenn der Haarschnitt teuer wird, gehen Menschen seltener zum Friseur oder zum arbeitslos gewordenen Mitarbeiter. Die Haare werden also immer noch geschnitten, nur nicht in der legalen Wirtschaft.

Um die Kaufkraft zu stärken, muss dem Verbraucher mehr in der Tasche bleiben. Steuern und Abgaben müssen gesenkt werden. Arbeitskosten werden dadurch günstiger bei gleichen Löhnen. Stattdessen sind die finanziellen Belastungen seit Jahresanfang weiter gestiegen. Wirtschaftliche Aktivitäten und Binnennachfrage müssen sich so effizient und beschäftigungsorientiert wie möglich entfalten können. Es wäre für Arbeitnehmer und Unternehmen ein wichtiger Schritt, dass die Abgabenlast nicht weiter erhöht wird. Aber darauf ist leider unter der schwarz-roten Koalitionsregierung kein Verlaß.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel