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Frage von Andreas F. •

Frage an Dirk Niebel von Andreas F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Niebel,
die deutsche Volkswirtschaft wächst. Und das freut uns alle sehr. Wenn man etwas genauer hinschaut, sieht man, dass die einen mehr Grund zur Freude haben und die anderen weniger.

Joachim Jahnke skizziert auf seiner Internetseite http://www.jjahnke.net anhand offizieller Statistiken die Entwicklung der letzten sieben Jahre.

Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen hat sich seit dem Jahr 2000 von 72,16% auf 66,20% reduziert. Während die Nettolöhne und Gehälter real um gut 5% zurückgegangen sind, wuchsen die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 31%.

Wenig überraschend ist vor diesem Hintergrund, dass die deutsche Binnennachfrage stagniert (im deutlichen Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarn, wo die Bürger im Schnitt 6,7% mehr konsumieren als im Jahr 2000).

Die Lohnzurückhaltung der deutschen Arbeitnehmer, der Ausbau des Niedriglohnsektors und der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rente lässt mich vermuten, dass die Binnennachfrage auch in den kommenden Jahren kaum anspringen wird.

Das Argument, die Lohnzurückhaltung und die Reduzierung von Sozialleistungen wären notwendig, um mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu erreichen, erschließt sich mir nicht.

Natürlich steigen die Gewinne der Exportindustrie, wenn die Lohnstückkosten sinken – aber die Exporte machen doch nur ein Fünftel unserer volkswirtschaftlichen Produktion aus.

Weshalb sollten Unternehmen ihre Produktion ausweiten (und Arbeitnehmer einstellen), wenn sich die Kaufkraft der Deutschen Jahr um Jahr reduziert?

Viele Grüße
Andreas Falken

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Falken,

in Deutschland wachsen Unternehmens- und Vermögenseinkommen. Dies war sowohl unter der rot-grünen als auch unter der schwarz-roten Bundesregierung trotz der Verweigerungshaltung beider Regierungen bei den dringend notwendigen Reformen für den Arbeitsmarkt, z.B. im Arbeits- und Tarifrecht möglich. Was wäre wohl möglich gewesen, wenn die Bundesregierung ihre Hausarbeiten gemacht hätte? Das zentrale Problem unserer Volkswirtschaft liegt darin, dass die Arbeitnehmer viel zu hohe Abzüge von ihrem Gehalt haben. Es bleibt zu wenig netto vom verdienten Bruttolohn übrig. Steuern müssen gesenkt und Lohnnebenkosten verringert werden, damit den Arbeitnehmern mehr Geld in der Tasche bleibt.

Der Konsum ist gedämpft, und die hohe Arbeitslosigkeit wurde bisher nicht nachhaltig abgebaut. Die Zahl der Arbeitslosen ist zwar im Januar weniger als in der Jahreszeit üblich gestiegen. Immer noch sind mehr als 4,2 Millionen Menschen offiziell arbeitslos registriert. Die strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind längst noch nicht gelöst. Die Staatsausgaben steigen oder werden zumindest nicht effektiv gesenkt – und das trotz sprudelnder Steuereinnahmen. Das Ausbleiben notwendiger Reformen zum Beispiel beim Arbeitsrecht schafft zudem ein Klima der Unsicherheit bei den Unternehmen und verhindert Investitionen und Personaleinstellungen. Statt über arbeitsplatzfeindliche Mindestlöhne zu debattieren, sollte zu Neueinstellungen im ersten Arbeitsmarkt motiviert und der Kündigungsschutz modernisiert werden.

Die FDP steht für eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, in der der Staat den Menschen mehr Freiheit gewährt. Die Zeit der Konjunkturbelebung muss dringend für die notwendigen Reformen genutzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel