Frage an Dirk Niebel von Christian M. bezüglich Recht
CDU/CSU und FDP haben schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung abgelehnt. Warum haben Sie dagegen gestimmt ?
Sehr geehrter Herr Merkel,
der Bundesgerichtshof hat klar gestellt, dass Abgeordnete keine Amtsträger im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften sind. Die in der UN-Konvention gegen Korruption vorgenommene Gleichstellung von Amtsträgern wie Beamten und Mandatsträgern wie Abgeordneten ist nach unserem Verfassungsrecht nicht möglich.
Abgeordnete haben nach Artikel 38 des Grundgesetzes ein freies Mandat. Sie dürfen sich beispielsweise für ihren Wahlkreis einsetzen oder für einseitige Interessengruppen, z.B. Gewerkschaften, engagieren. Vor diesem Hintergrund sind sie parteilich und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Dies wird auch deutlich in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 09.11.1993 zur Änderung des Strafrechtsänderungsgesetzes Abgeordnetenbestechung: „…daß im Gegensatz zu Amtsträgern, wie Richtern und Beamten, die ihre Entscheidungen frei und unparteiisch zu treffen haben, bei Abgeordneten auch politische Gesichtspunkte und Rücksichtnahmen bei Entscheidungen zu Recht eine Rolle spielen. Die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe sei für das Aufstellen eines Abgeordneten häufig wesentlich. Die Interessenwahrnehmung auch innerhalb des Parlaments sei Bestandteil einer repräsentativen Demokratie.“, nachzulesen auf Drucksache 12/6092 unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/12/060/1206092.pdf .
Abgeordnete treffen ihre Entscheidungen frei und unabhängig. Sie dürfen nicht bestechlich sein. Mit dem Paragrafen 108 e des Strafgesetzbuchs, der den Stimmenkauf und -verkauf bei Wahlen und Abstimmungen unter Strafe stellt, gibt es ein ausreichendes Mittel zur Korruptionsbekämpfung.
Das Stenografische Protokoll der Debatte am 02.03.2012 zum SPD-Gesetzentwurf auf Drucksache 17/8613 ist nachzulesen unter http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/17/17163.pdf . Verschiedene Gesetzentwürfe sind am 17.10.2012 Gegenstand einer Anhörung des Rechtsausschusses gewesen. Stellungnahmen und Wortprotokoll sind unter http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/27_Bek__mpfung_Abgeordnetenbestechnung/index.html abrufbar.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel