Frage an Dirk Niebel von Johannes S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Niebel,
ihr Anliegen ist doch eine sinnvolle Entwicklungshilfe zu leisten. Warum fördern Sie nicht eine effiziente Überweisungsmöglichkeit in die Länder der dritten Welt?
Es ist ein Unding, wenn man zur Überweisung von Kleinbeträgen auf Firmen wie Western Union angewiesen ist, die 20 % Gebühr einkassieren.
Viele Ausländer verdienen hier mühsam einige Groschen und sind bislang auf solch dubiose Firmen angewiesen, denn die meisten Menschen der dritten Welt haben kein Bankkonto und nur die Möglichkeit über solche Bankdienstleister Geld überwiesen zu bekommen.
Wie könnten Sie einen günstigeren Geldtransfer (es geht nicht um hohe Steuerfluchtgelder) befördern oder was tun sie bereits dafür?
Ich erwähne nur das ev. Ihnen auch bekannte mpesa von Kenia, einem Land, in dem Sie sich bereits öfter aufgehalten haben. Wenn wir hier darauf Zugriff hätten, wäre schon ein bischen Abhilfe geschaffen.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Steigner,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 17. Mai, in der Sie das Thema Geldtransfers von Migrantinnen und Migranten in Entwicklungsländer, so genannte Remittances, ansprechen.
Ich teile Ihre Auffassung zur Bedeutung der Remittances vollkommen. Die Weltbank schätzt, dass allein 2012 mehr als 400 Milliarden US-Dollar von Migranten in Entwicklungsländer transferiert wurden. Dabei dürfte die Summe der informellen Geldtransfers sogar noch deutlich höher sein. Mit anderen Worten: Die Geldtransfers von Migranten sind dreimal so hoch wie die Summe, die die internationale Staatengemeinschaft jährlich für die Entwicklungszusammenarbeit aufbringt.
Remittances haben ein hohes Potenzial, um positiv zu Entwicklungsprozessen in Entwicklungsländern beizutragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Geldtransfers in Bildung oder wirtschaftliche Aktivitäten investiert werden.
Die Reduzierung der globalen Transferkosten ist aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges internationales Ziel. Politisch unterstützen wir deshalb das Ziel der G8, die globalen Durchschnittskosten für Geldtransfers innerhalb von fünf Jahren um fünf Prozentpunkte zu senken. Die Bundesregierung hat allerdings auf die Gebühren der Transferdienstleister keinen unmittelbaren Einfluss. Das Ziel kann deshalb nur durch mehr Transparenz und Wettbewerb auf dem Geldtransfermarkt und durch Kooperation mit Partnern erreicht werden. Die Erhebungen der Weltbank zeigen, dass Deutschland hier durchaus Fortschritte zu verzeichnen hat: Demnach sind in Deutschland die durchschnittlichen Kosten seit 2008 um fast 4 Prozentpunkte gesunken (siehe auch http://remittanceprices.worldbank.org/ ).
Mit der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie 2007/64/EG) wurde auf Gemeinschaftsebene ein rechtlicher Rahmen für Zahlungsdienste geschaffen, der gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Zahlungsdienstleister gewährleistet. Der europaweite Wettbewerb dürfte sich auch positiv auf die Verbraucherkosten auswirken.
In der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit haben wir uns ebenfalls sehr konkret mit dem Thema der Geldtransfers beschäftigt: In einer Reihe von Studien haben wir das Thema entwicklungspolitisch aufbereitet. Gegenstand waren ausgewählte Länderanalysen, der Zusammenhang von Remittances und Sozialer Sicherheit, die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf Migranten, Migration und Remittances (2010) sowie die Erstellung einer Remittances Checklist und eines Leitfadens zum Thema Geldtransfers von Migranten in der Entwicklungszusammenarbeit. Das Handbuch „FReDI – Financial Literacy for Remittances and Diaspora Investment – A Handbook on Methods for Project Design“ basiert auf der Analyse von mehr als 50 Projekten. Es bietet eine praxisorientierte Methodensammlung. Zudem wurde ein Pilotprojekt zur Financial Literacy Education in Usbekistan in Kooperation mit fünf lokalen Banken durchgeführt, das zur Grundbildung von 4.600 Remittancesempfängern beigetragen hat.
Ein wichtiges Instrument für mehr Transparenz und Wettbewerb sind Preisvergleichswebseiten. In Deutschland wurde 2007 die Preisvergleichswebseite www.geldtransfair.de ins Leben gerufen. Sie wird zur Zeit grundlegend von unserer Durchführungsorganisation, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), umstrukturiert und dann neu gestartet.
Für weitere Informationen zum Thema empfehle ich Ihnen unsere Publikation „Geldtransfers von Migranten in der Entwicklungszusammenarbeit“, die Sie unter folgendem Link abrufen können:
http://www.giz.de/Themen/de/dokumente/giz2013-de-geldtransfers-von-migranten.pdf .
Mit freundlichen Grüßen