Frage an Dirk Niebel von Julia S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Niebel,
im April wird der Posten des Präsidenten der Weltbank neu besetzt. Traditionsgemäß stellen die Amerikaner den Weltbank-Präsidenten und die Europäer den Geschäftsführenden Direktor des IWF. Die USA haben dazu den Mediziner Jim Yong Kim nominiert. Erstmals in der Geschichte der Weltbank gibt es dieses Mal jedoch mehr als einen Kandidaten. Und dies aus guten Grund. Herrn Kim fehlt es schlicht an der notwendigen Qualifikation für den Top-Job der wichtigsten Entwicklungshilfeinstitution der Welt (siehe dazu die NYT oder FAZ in den vergangenen Tagen).
Hinzu kommt eine ideologische Ausrichtung, die gerade einem Liberalen zu denken geben sollte. Dazu ein Zitat aus der aktuellen Ausgabe des Economist: "In an introduction to a 2000 book called “Dying for Growth”, he wrote that “the quest for growth in GDP and corporate profits has in fact worsened the lives of millions of men and women”, quoted Noam Chomsky and praised Cuba for “prioritising social equity”. Were Mr Kim hoping to lead Occupy Wall Street, such views would be unremarkable. But the purposes of the World Bank, according to its articles of agreement, are “to promote private foreign investment…[and to] encourage international investment for the development of the productive resources of members.” The Bank promotes growth because growth helps the poor. If Mr Kim disagrees, he should stick to medicine.""
Mit Frau Okonjo-Iweala gibt es hingegen eine Kandidatin, die sowohl über die notwendige berufliche Qualifikation verfügt, als auch die Bedeutung von Wachstum für die Entwicklungschancen von armen Ländern aus erster Hand kennt.
Mir ist klar, dass die langjährige informelle Absprache zwischen Europa und den USA gewichtig ist. Solange die USA qualifizierte Kandidaten ins Rennen geschickt haben, war diese Absprache auch unschädlich. Dieses Mal liegen die Dinge jedoch anders. Daher meine Frage: Werden Sie und die FDP Frau Okonjo-Iweala unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen
Julia Siegmann
Sehr geehrte Frau Siegmann,
zum ersten Mal in der Geschichte der Weltbank ist die Neubesetzung des Postens des Präsidenten in einem Auswahlverfahren entschieden worden. Ich habe dies ausdrücklich begrüßt. Noch mehr hat mich gefreut, dass mit Jim Yong Kim, Ngozi Okonjo-Iweala und Jose Antonio Ocampo gleich drei hervorragende Kandidaten ihre Bewerbung abgegeben haben.
Um alle wesentlichen Aspekte in die Auswahl einbeziehen zu können, habe ich Wert darauf gelegt, die Kandidaten auch in einem persölichen Gespräch kennen zu lernen. Zusammen mit meinen europäischen Kollegen habe ich mir daher bei einer gemeinsamen Vorstellungsrunde ein persönliches Bild von allen drei Kandidaten gemacht und ihnen gegenüber unsere deutschen Erwartungshaltungen an die zukünftige Amtsführung zum Ausdruck gebracht. Alle drei Bewerber haben sich dabei als sehr qualifizierte und kenntnisreiche Kandidaten erwiesen.
Bei der Wahl des Präsidenten haben wir uns im gesamten Prozessverlauf eng mit unseren europäischen Partnern und anderen Anteilseignern abgestimmt. Zuletzt stellte sich uns die Wahl zwischen Frau Okonjo-Iweala und Herrn Jim Yong Kim. Am Ende haben wir uns, zusammen mit einer sehr deutlichen Mehrheit der Mitglieder der Weltbank, für Herrn Jim Yong Kim als nächsten Weltbankpräsidenten entschieden. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Ich danke Frau Ngozi Okonjo-Iweala für ihre starke Bewerbung und freue mich darauf, mit Herrn Jim Yong Kim die gute und enge Kooperation Deutschlands mit der Weltbank fortzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel