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Frage von Michael B. •

Frage an Dirk Niebel von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Niebel,

heute erst konnte ich mir Ihre Stellungnahmen zum Thema "Wikileaks Enthüllungen" bei Anne Will ansehen und würde Ihnen zu Ihren Äusserungen gerne einige Fragen stellen.

Eine Bemerkung von Ihnen, die leider in der Diskussion ein wenig unter ging war, dass "Stuttgart 21" ja auf demokratischen Entscheidungsprozessen basiert (frei wiedergegeben).
Warum denken Sie, wenn diese Entscheidungen wirklich eine demokratische Basis haben, dass seit Monaten viele tausend Menschen Woche für Woche dagegen demonstrieren?
Kann man die Entscheidung dann wirklich noch demokratisch nennen?

Und zur Veröffentlichung der Dokumente durch Wikileaks. Hier hat mir eine Frage innerhalb der gesamten Diskussion völlig gefehlt. Warum, Ihrer Meinung nach, gibt es eigentlich Wikileaks?
Würden sie nicht auch sagen, dass in Zeiten, in denen die Politiker mehr und mehr Entscheidungen geheimhalten, ihr Vertrauen verspielt haben?
Ein Beispiel wären die "Geheimverträge" in Berlin über die Privatisierung der Wasserversorgung, deren Offenlegung der Verträge erst gerichtlich erstritten werden mussten. Oder andere PPP Projekte im Bildungsbereich, in denen bis heute die Bevölkerung nicht weiss, was da wirklich vereinbart wurde und grundsätzlich mit dem Argument "Geschäftsgeheimnisse" abgetan werden.
Sind Sie nicht der Meinung, dass solche Verträge, die unmittelbare Auswirkungen auf unser aller Leben haben, veröffentlicht werden sollten?
Sie haben bei Anne Will mit dem Leben von unseren Soldaten argumentiert. Mit Recht.
Was aber ist mit dem Leben aller Bundesbürger?
Glauben Sie, eine Seite wie Wikileaks wäre wirklich nötig, wenn die Bevölkerung der Politik noch vertrauen würde? Muss sich die Politik hier nicht eher an die eigene Nase fassen und weniger die veröffentlichung der Dokumente, egal ob legal, oder illegal veröffentlicht, zu kritisieren?

Vielen dank vorab für ihre Zeit und mit freundlichen Grüssen,

Michael Brandl

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Brandl,

wir Liberalen begrüssen das Ergebnis der Schlichtung. Heiner Geißler hat mit seinen Anregungen einen guten Weg zur Konfliktlösung aufgezeigt. Die technische Verbesserung des Projekts und Mitsprache bei der weiteren Bebauung und Entwicklung der Innenstadt sind sehr vernünftige Vorschläge, die das Projekt am Ende sogar weiter verbessern. Wir appellieren an die Gegner des Projektes, das Ergebnis der Vermittlung zu akzeptieren.

Wir lernen aus diesem Prozess und aus den Fehlern der Vergangenheit, dass unsere Planungsprozesse nicht mehr den Anforderungen der Demokratie des 21. Jahrhunderts genügen. Wir sollten zu Beginn großer Infrastrukturprojekte die Bürgerinnen und Bürger befragen und sie abstimmen lassen. Dazu müssen wir die Beteiligung der Öffentlichkeit im Planungsverfahren deutlich verbessern und die Planungsverfahren beschleunigen. Auch Bürgerentscheide dürfen als Teil des Planungsverfahrens kein Tabu sein. Sie gehören aber an den Beginn des Prozesses, nicht an das Ende.

WikiLeaks ist ein Internetprojekt, das seit 2007 Geheiminformationen zugespielt bekommt und aufdeckt. Es ist die Rede von mehr Transparenz und mehr Aufklärung. Aber dann müssten vor allem die Machenschaften von undemokratischen Regimes enthüllt werden. Das geschieht nicht. Stattdessen schafft WikiLeaks zusätzliches Gefährdungspotenzial. Es geht offenbar ums Geldverdienen, und es wird nicht bedacht, welche Folgen eine Veröffentlichung haben kann.

Pressefreiheit ist ein hohes Gut und essentiell für eine Demokratie. Botschaften sollen ihre jeweilige Regierung über wichtige Dinge informieren. Man sollte sich aber aufs Wesentliche konzentrieren und garantieren, dass die Daten sicher sind. Die WikiLeaks-Debatte wird das Bewusstsein für einen besseren Datenschutz schärfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel