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Frage von Enzo A. •

Frage an Dirk Niebel von Enzo A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dirk Niebel MdB,

ich habe eine Frage bezüglich der Bewertung privater Spenden an mildtätige international agierende Hilfsorganisationen. Wird der Steuerausfall der durch die Absetzbarkeit einer solchen Spende an im Ausland operierende Hilfsorganisationen als Entwicklungshilfe - im Bezug auf die sogenannten Mileniumsziele - gewertet?

Unter der Annahme das dies nicht der Fall ist würde mich gerne interessieren warum dies nicht der Fall ist, da die steuerliche Absetzbarkeit quasi eine Rückerstattung eines Teils der Spende an den Spender darstellt, was im Gesamteffekt bedeutet dass die Spende zum Teil selbst aus Steuermitteln bereitgestellt wird.
Andererseits stellt eine Nichtanrechnung auch eine Diskriminierung Deutschlands dar im Vergleich zu Staaten bei denen solche Spenden nicht absetzbar sind und die entsprechend diese Steuermittel selbst Spenden können - jedoch die selbe Zielmarke in Relation zum BIP haben.

Mit freundlichen Grüßen

Enzo Aduro

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Aduro,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 12. Juni 2010. Sie greifen einen Diskussionspunkt auf, der auch mir am Herzen liegt.

Neben den öffentlichen Entwicklungsleistungen, der ODA (Official Development Aid), deren Merkmal es ist, dass sie von staatlicher Seite an ein Partnerland geleistet wird, sind aus meiner Sicht natürlich auch andere Leistungen eines Landes für die Entwicklung der Partner von großer Bedeutung.

Die Bundesregierung unterstützt privates Engagement wie Spenden, indem sie diese Leistungen bei der Berechung der Einkommenssteuer in Abzug bringt. Die dabei ausfallenden Steuereinnahmen sind jedoch nicht auf die ODA anrechenbar, das heißt, sie erscheinen nicht als deutsche öffentliche Leistung an ein Entwicklungsland.

Deutschland hat sich im Rahmen des internationalen Geberkreises des Entwicklungsausschusses (DAC) der OECD verpflichtet, seine öffentlichen Leistungen an die Partnerländer, die ODA, nach einheitlichen Kriterien zu melden, die eine Vergleichbarkeit der staatlichen Leistungen der einzelnen Länder ermöglicht.

Bei privaten gemeinnützigen Spenden sind die öffentlichen Haushalte natürlich finanziell über die steuerliche Abzugsfähigkeit beteiligt. Das DAC-Regelwerk sieht eine Berücksichtigung dieser Kosten als ODA allerdings nicht vor, da diese keinen direkten Geldfluss in Entwicklungsländer darstellen. Hinzu kommen schwer lösbare Erfassungsprobleme, da das finanzielle Volumen im Einzelfall vom persönlichen Steuersatz des Spenders abhängt. Die komplizierte Erfassung würde daher erhebliche Zusatzkosten nach sich ziehen. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder Staat eine unterschiedliche Steuertradition hat, die keine vergleichbaren Daten erlauben würde. Falls die steuerliche Abzugsfähigkeit von privaten gemeinnützigen Spenden in die ODA-Berechnung einbezogen werden könnte, müsste beachtet werden, dass diese Regelung konsequenterweise auch umgekehrt gelten müsste. Dies würde nach sich ziehen, dass Steuern auf ODA-Aktivitäten von der ODA abgezogen werden müssten (z. B. Einkommenssteuern von in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen Personen). Deutschland hatte dennoch im Jahr 2002 versucht, die Anrechenbarkeit der steuerlichen Abzugsfähigkeit privater Spenden beim DAC zu erreichen, bekam dafür aber nicht die notwendige Unterstützung.

Eine denkbare Lösung wäre, dass Deutschland – wie Großbritannien – anstelle der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Spenden den Organisationen ein Aufgeld auf das Spendenaufkommen zuweisen würde. Dieser staatliche Zusatzbeitrag wäre dann auf die deutsche ODA-Quote anrechenbar. Da diese Lösung in der deutschen Spendenkultur und Steuersystematik nicht eingeführt ist, werden allerdings erhebliche Risken im Hinblick auf die Höhe des Spendenaufkommens gesehen.
Neben den spezifischen Kriterien der ODA-Anrechenbarkeit als staatliche Entwicklungszusammenarbeit muss die Anerkennung der gesamtgesellschaftlichen Leistung eines Landes für die Entwicklungsarbeit stärker in den Vordergrund der Debatte bei der OECD gerückt werden.

Ich habe die Diskussion darüber bereits mit dem Generalsekretär der OECD aufgenommen. Sie können sicher sein, dass ich dafür kämpfen werde, die Gesamtleistungen einer Volkswirtschaft für die Entwicklung der Partner – national und international – pointierter hervorzuheben.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel