Frage an Dirk Niebel von Anna C. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Niebel,
Sie machen sich für eine Neustrukturierung der Agentur für Arbeit stark. Arbeitslose sollen von kommunalen Jobcentern betreut werden, das Arbeitslosengeld soll von einer Versicherungsagentur erbracht werden.
Gleichzeitig möchten sie steuerfinanzierte Transferleistungen durch das Bürgergeld ersetzen, welches von den Finanzämter verwaltet werden soll.
Wäre es nicht sinnvoll, die Kommunen mit der Zahlung des Bürgergeldes zu beauftragen?
M.E. sprechen folgende Vorteile dafür
1.) deutliche Nähe zum Bürger
2.) viele Transferleistungen (insb. Wohngeld, Arbeitslosengeld 2, Grundsicherung) werden bereits (auch teilweise) von Kommunen erbracht, Fachwissen und Erfahrung sind vorhanden
3.) Eine Zuständigkeit der Finanzämter hätte Personalüberhang bei den Kommunen und Personalbedarf bei den Finanzämtern zur Folge
4.) enge Verknüpfung zu kommunalen Jobcentern und anderen kommunalen Leistungen (z.B. Jugendamt) gewährleistet
5.) Kommunalverwaltungen agieren m.E. tendenziell schneller und unbürokratischer als Landes- oder Bundesverwaltungen
Wie stehen Sie zu dieser Einschätzung?
Für Ihre Beantwortung danke ich Ihnen vorab.
Mit freundlichen Grüßen
A. Cvjetkovic
Sehr geehrte Frau Cvjetkovic,
durch die Zusammenfassung und Pauschalisierung von steuerfinanzierten Sozialleistungen und ihrer Verwaltung in einer Behörde werden diejenigen vom Bürgergeld profitieren, die dies nach unserem Willen sollen: die Bedürftigen, nicht die Findigen. Das Bürgergeld will Menschen bei Bedürftigkeit unterstützen und gleichzeitig die Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative fördern. Das Finanzamt übernimmt die Berechnung und Auszahlung des Bürgergeldes. Die Arbeitsvermittlung und soziale Betreuung von Langzeitarbeitslosen soll nach unserem Konzept Aufgabe der Kommunen sein. Über eine neue Freibetragsregelung und in Verbindung mit unserem Steuerkonzept wird sichergestellt, dass sich die Aufnahme einer Arbeit - auch bei geringer Bezahlung - lohnt. Das Nettoeinkommen ist bei Aufnahme einer Beschäftigung immer höher als der alleinige Transferbezug.
Die Arbeitsförderung der Bundesagentur für Arbeit wird in der gegenwärtigen Form ihren wesentlichen Funktionen nur unzureichend gerecht, nämlich Ausgleichsprozesse auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern, Anreize zu schaffen, angebotene Arbeit auch anzunehmen, und strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen bzw. zu vermeiden. Um doppelte Verwaltungsstrukturen abzuschaffen, fordern wir, die Betreuung und Beratung aller Arbeitsuchenden in kommunalen Jobcentern durch zu führen. Sie sind näher an den Problemen der Betroffenen und können eher individuelle Wege für eine Integration in den Arbeitsmarkt entwickeln. Die gesetzlichen Grundlagen für Regelsätze und angemessene Wohnraumgröße müssen für alle gelten. Da jedoch Miet- und Wohnkosten regional sehr unterschiedlich sind, muss eine gewisse Flexibilität gewährleistet sein. Mit einem jährlich im voraus festgelegten Betrag gibt der Bund den Kommunen einen Anreiz zum sparsamen Haushalten. Sie sollen nicht verbrauchte Mittel zur Hälfte behalten können und gewinnen damit eine weitreichende Entscheidungskompetenz.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel