Frage an Dirk Becker von Matthias D. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Becker,
wie begründen Sie, dass der Anlagenbegriff für PV Anlagen einen Bestandsschutz für vor 2009 errichtete Anlagen gewährt, für Biogasparks die SPD sich aber gegen eine Bestandschutz ausspricht.
Bitte bedenken Sie bei Ihrer Entscheidung bzgl. des Antrags der FDP im Bundestag zum Bestandschutz auch folgende Punkte:
- von Insolvenz sind vorwiegend Kleinanleger betroffen
- Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen gehen verloren
- Wärmeversorgung von Haushalten wird gefährdet oder zumindest verteuert
- Finanzierungskredite der Banken gehen durch die Insolvenzen verloren
- Verschärfung der Bankenkrise durch zusätzliche Insolvenzen
- Marktführerschaft Biogas wird geschwächt
Sollte es keinen Bestandschutz geben, so ist die Lösung die BHKWs mehr als 700m auseinanderzustellen. Das bedeutet unötige Investitionen. Ich persönlich kann das dafür nötige Eigenkapital als Kleinanleger nicht aufbringen. Mein Geld wäre verloren. Schlußendlich würde dafür nur Geld aus dem Fenster geworfen. Die von der SPD verfolgten Ziele würden dadurch dennoch nicht erreicht.
Derzeit ist es so, dass eine Anlage (die ersten 500kW) in einem solchen "Biogaspark" erhöht vergütet wird. Die Freude bei den Kleinanlegern dieser Anlage ist natürlich groß. Wie rechtfertigen Sie diese Ungleichbehandlung der Anleger zwischen den verschiedenen "Kleinanlagen" im Park? Glück für den, der zufällig in der richtigen KG gelandet ist?
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie zu den angesprochene Punkten kurzfristig Stellung nehmen würden. Meine Biogasbeteiligung hat ein massives Liquiditätsproblem. Wenn hier nicht innerhalb der nächsten 4 Wochen eine Entscheidung herbeigeführt wird, wird die Anlage Insolvenz anmelden müssen.
Vielen Dank
M. Dammann
Sehr geehrter Herr Dammann,
vielen Dank für Ihren Beitrag bzgl. der Behandlung kombinierter Kleinanlagen im Bereich der Biomassenutzung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz von 2009 (EEG 2009).
Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen aufgrund der spezifischen Stromgestehungskosten differenzieren. Je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist, desto billiger kann sie Strom produzieren, desto niedriger ist die Vergütung über das EEG. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 Absatz 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.
Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurden aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 Absatz 2 bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies auch ausdrücklich im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.
Ich möchte auch vor weiteren Handlungen abraten, die dem Sinn und Zweck des EEG widersprechen. Wenn Sie meinen, zwei BHKW nur 700 Meter auseinanderzustellen, sollten Sie sich zunächst fragen: Ist das wirtschaftlich sinnvoll? Ist das ökologisch sinnvoll, und trägt es zu einer Verminderung von Co2-Emissionen bei? Wozu gibt es im EEG verschiedene Vergütungsstufen? Und lohnt sich der Aufwand, mit Raffinesse eine mögliche größere Anlage zur Erlangung erhöhter Vergütungen in kleinere Anlagen zu splitten?
Ich habe natürlich Verständnis dafür, wenn Kleinanleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die Früchte ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.
Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten.
Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht am 18.02.2009 den Antrag einer Betreiberin eines Bioenergieparks, § 19 Abs. 1 EEG im Wege einer einstweiligen Anordnung einstweilen außer Kraft zu setzen, abgelehnt. Die Ablehnung begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass § 19 Abs. 1 EEG verhältnismäßig sei und dem legitimen Ziel diene, eine unnötig hohe finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden zu vermeiden. Daraus leiten wir andererseits aber auch ab, dass für Anlagen, in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Becker, MdB