Frage an Dirk Becker von Jutta J. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Becker,
wie haben sie am 25.01.2008 bei der Novellierung des Gentechnik-Gesetzes abgestimmt? Glauben Sie, dass die im novellierten Gentechnik-Gesetz verankerte "Koexistenz" von konventionellem und gentechnisch verändertem Mais möglich ist? Was bedeutet dieses Gesetz für die Imker?
Glauben Sie, dass die "Grüne Gentechnik" nichts anderes ist als eine Züchtungsmethode?
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Jastrow
Sehr geehrter Frau Jastrow,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Grüne Gentechnik.
Zu ihrer Frage kann ich sagen, dass ich am 25.1.2008 für die Gentechnikgesetz-Novelle gestimmt habe. Im Vorfeld hatte die SPD-Fraktion erfolgreich für den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion gekämpft und gegen den Widerstand der CDU/CSU durchgesetzt, dass die schon unter rot-grün erarbeiteten Regelungen zum Erhalt der gentechnikfreien Erzeugung wie z.B. die Verursacher-Haftung und das öffentlich einsehbare flurstückgenaue Standortregister bestehen geblieben sind. Außerdem hat die SPD mit der neuen "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung endlich für die Verbraucher die Möglichkeit geschaffen, sich auch außerhalb des Ökosegments beim Einkauf gegen Produkte von Tieren zu entscheiden, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden - und damit auch gegen den Anbau von solchen Pflanzen.
Bezüglich ihrer zweiten Frage muss ich sagen, dass sich nicht alle offenen Fragen beim Gentechnikrecht auf nationaler Ebene beantworten lassen. Wir setzen uns deshalb für Verbesserungen auf EU-Ebene ein.
Zu kommerziellen Zwecken durfte in Deutschland bisher nur eine gentechnisch veränderte Maissorte angebaut werden, der MON810, und dies ausschließlich zur Verwendung als Futtermittel. Inzwischen hat die zuständige Ministerin Aigner den Anbau gestoppt. Wir hatten bereits mehrfach den Anbaustopp gefordert, deshalb begrüßen wir diese Entscheidung sehr. Dennoch verursacht der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen bereits jetzt hohe Kosten in der gesamten Lebensmittelkette. Wie Untersuchungen zeigen, entstehen sie insbesondere durch aufwendige Maßnahmen zur Trennung der Warenströme und Analysen, die zum Nachweis der gentechnikfreien Produktion erforderlich sind.
Der Zusammenschluss mehrerer benachbarter konventioneller oder ökologischer Erzeuger zur gentechnikfreien Region bietet die Möglichkeit, sich gemeinschaftlich gegen gentechnische Verunreinigungen zu schützen und minimiert das Verunreinigungsrisiko und damit Kosten und Aufwand für Vorsorgemaßnahmen. 188 gentechnikfreie Regionen mit über 29.400 beteiligten Landwirten sind in Deutschland bereits entstanden.
Nach derzeitiger Rechtslage sind aber solche Zusammenschlüsse nicht verbindlich, sie können nur freiwillig erfolgen, d.h. der Schutz, der Erfolg und die wirtschaftliche Tragfähigkeit gentechnikfreier Regionen können durch die Entscheidung einzelner Grundstücksbesitzer leicht gefährdet werden, indem einzelne Parzellen mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt werden.
Zwei Antragsentwürfe zu dieser der SPD zu dieser Problematik konnten bisher nicht im Bundestag eingebracht werden, weil die CDU/CSU ihre Zustimmung verweigerte. Aber wir werden uns auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Rechtsverbindlichkeit für die gentechnikfreien Regionen geschaffen wird.
Zu Ihrer Dritten Frage muss ich anmerken, dass es für die Imker insbesondere wichtig ist, dass wir die Beibehaltung des öffentlich einsehbaren flurstückgenauen Standortregisters durchgesetzt haben (so können sie sich schnell und einfach darüber informieren, wo GVO-Pflanzen angebaut werden) und dass sie nicht für GVO-Verunreinigungen in Haftung genommen werden können. (Wir haben den Erhalt der gesamtschuldnerischen Haftung erreicht, d.h. wenn nicht zweifelsfrei ein GVO-Anbauer als Verursacher einer Verunreinigung ausfindig gemacht werden kann, müssen die in Frage kommenden GVO-Anbauer gesamtschuldnerisch haften).
Dennoch stellt der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen eine Belastung für die Imkerei dar, denn der Flug der Bienen ist nicht kontrollierbar. So ist es z.B. zu der absurden Situation gekommen, dass ein Imker seinen Honig vernichten musste, weil dieser Spuren der bis vor kurzem als einzigen zum kommerziellen Anbau zugelassenen GVO-Sorte - dem Mon810-Mais - enthielt, und dieser Mais wiederum keine Zulassung zu Lebensmittelzwecken hat. Gerade für die Imker ist deshalb das jetzt erfolgte Verbot des Mon810-Anbaus sehr wichtig.
Ihre letzte Frage kann ich eindeutig verneinen. Im Unterschied zur klassischen Züchtung, bei der nur verwandte Arten miteinander gekreuzt werden können, werden mit Hilfe der Gentechnik Artengrenzen übersprungen. So können z.B. Gene von Bakterien auf Pflanzen übertragen werden. Das stellt uns vor völlig neue Herausforderungen, denn unser Wissen über mögliche Langzeitfolgen ist immer noch lückenhaft. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass dem Vorsorgegrundsatz oberste Priorität eingeräumt wird.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Antworten weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Becker, MdB