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Frage von Carl F. •

Frage an Dirk Becker von Carl F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

seit Monaten verfolgt eine zunehmend verunsicherte Öffentlichkeit Berichte und Kommentare zu der sich ausweitenden Bankenkrise. Insbesondere beunruhigt die Tatsache, daß auch zahlreiche Landesbanken in der BRD Risiken in Milliardenhöhen angehäuft haben.
In der ersten Zeit standen vornehmlich die (geschäftsführenden) Vorstände im Mittelpunkt der Kritik und Fragen nach deren Qualifikation, nach deren Haftung wurden öffentlich diskutiert.

Hingegen werden Fragen nach Qualifikation, nach Haftung der einzelnen Mitglieder der Aufsichtsgremien erst in den letzten Monaten gestellt und auch öffentlich diskutiert.
In diesem Zusammenhang bitte ich Sie um Beantwortung folgender Fragen:
1) Welche Qualifikation muß ein Mitglied des Verwaltungsrats eines öffentlich-rechtlichen Bankinstituts besitzen, um in der Lage zu sein, seinen Aufsichtspflichten voll zu entsprechen?

Bitte nennen Sie die Ihrer Auffassung nach drei wichtigsten Qualifikationen.

2) Wer prüft die Angaben zur Qualifikation, welche die Bewerber auf eine Position in dem Aufsichtsgremium eines öffentlich-rechtlichen Bankinstituts, machen oder von deren Befürwortern gemacht werden?

Da die Fragen von allgemeinem Interesse sind, bitte ich um Beantwortung auf diesem Portal.

MfG

C. Finger

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Finger,

vielen Dank für die Frage bezüglich der Qualifikation von Aufsichtsräten.

In die Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Bankinstitute werden üblicherweise die Staatssekretäre des Bundesfinanzministeriums bzw. der jeweiligen Landesfinanzministerien entsendet, die sich schon für Ihre Position als Staatssekretäre durch ihre Fähigkeiten besonders qualifiziert haben.

Meines Erachtens stellt sich im Zusammenhang mit der sich ausweitenden Bankenkrise eine ganz andere und in diesem Zusammenhang relevantere Frage.

Nicht die vermeintlich unzureichende Qualifikation der Aufsichtsräte ist hier der entscheidende Punkt, sondern dass System, innerhalb dessen Aufsichtsräte ihre Entscheidungen treffen müssen.

Grundlage für das Handeln bildet das internationale Bilanzrecht. Dieses hat bis vor Kurzen noch vorgesehen, dass bei Verkäufen und Übernahmen von Banken die Bilanz der jeweiligen Bank als Entscheidungsgrundlage dient. Diese Bilanz musste bisher jedoch nur die reinen Umsatzzahlen darstellen, Risiken wurden nicht ausgewiesen.

Ferner dient den Mitgliedern der Aufsichtsräte das Rating-Recht als Entscheidungsgrundlage.
Die jeweiligen Rating-Bonitäten, die von internationalen Rating- Agenturen vergeben werden, dienen als verlässliche Informationsquelle.

Als Beispiel würde ich Ihnen gerne den Fall Lehman Brothers erläutern. Lehman Brothers galt laut Bilanz als umsatzstarkes, sicheres Unternehmen. Ferner verfügte es über ein AAA-Rating, der höchstmögliche Wert. Auf dieser Grundlage trafen Aufsichtsräte ihre Entscheidungen.
Der Fall Lehman Brothers, quasi als Ausgangspunkt der internationalen Bankenkrise, verdeutlicht sehr anschaulich, dass Aufsichtsräte auf aussagekräftige Informationen angewiesen sind.

Die Politik hat dieses Problem erkannt. Die Finanzminister der G20 haben Änderungen an den Statuten des internationalen Bilanz- und Ratingrechts beschlossen.

Vor diesem Hintergrund wird meines Erachtens deutlich, dass Aufsichträte nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Ich möchte natürlich niemanden von seiner Schuld freisprechen, aber meiner Meinung nach stellt sich nicht Frage nach der Qualifikation der Aufsichtsräte, sondern nach den systemimmanenten Schwächen des internationalen Bankensektors.

Diese wurden erkannt und bereits erfolgreich behoben, so dass den Mitgliedern der Aufsichtsräte in Zukunft validere Informationen als Entscheidungsgrundlage dienen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Becker, MdB