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Frage von Sandro S. •

Frage an Dirk Becker von Sandro S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Becker,

vom 07.-09. Juni hat im Landtag von Sachsen-Anhalt ein Schülerparlament zum Thema: „Vom Bohrloch zur Steckdose: Die Energie der Zukunft“. Dort haben sich ca. 100 Oberstufenschüler an 3 Tagen intensiv mit Fragen rund um das Thema auseinandergesetzt, in Arbeitsgruppen Experten befragt und Thesen entwickelt. Diese Thesen wurden schließlich im Plenum diskutiert und im parlamentarischen Verfahren verabschiedet.

In der Arbeitsgruppe zum Thema: " Die Zukunft der Kernkraft: Grüne Zukunftstechnologie oder teure Gefahr?: Was ist die Zukunft der Kernkraft zur Produktion von Strom?" wurden dabei folgende Forderungen verabschiedet:
Wir fordern:
1. Die Einigung auf eine einheitliche und langfristige politische Strategie im Bereich der Kernenergie soll erreicht werden.
2. Der Ausstieg aus der Kernenergie muss, sofort wenn es ökonomisch und ökologisch realisierbar ist, stufenweise vollzogen werden.
3. Kernenergie soll in Deutschland weiterhin lediglich eine Brückentechnologie bleiben.
4. Gegen Staaten, die radioaktives Material missbrauchen, sollen strikte Sanktionen verhängt werden.
5. Wir verlangen mediale Kampagnen zur Aufklärung über die Diversität der Energieproblematik.
6. Das Moratorium aus dem Jahr 2000 muss aufgehoben werden, damit an einer Endlagerungsmöglichkeit geforscht werden kann.
7. Ein Anteil der Gewinne, die durch Kernenergie erwirtschaftet werden, soll in die Forschung investiert werden für:
a. alternative Energielösungen (z.B. erneuerbare Energien, intelligente Netze, Energiespeicherung, Kernfusion)
b. Endlagerungsmöglichkeiten
c. erhöhte Sicherheit.
Es wäre schön, wenn Sie als Mitglied des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie der SPD ein kurzes Statement zu den Forderungen der Schüler abgeben könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Sandro Schott
Wissenschaft im Dialog GmbH

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schott,

Sie haben mit Ihren Mitschülerinnen und Mitschülern einen sehr interessanten Forderungskatalog aufgestellt, zu dem ich gern Stellung nehmen möchte.

Sie haben recht, wir brauchen endlich Klarheit über den Fahrplan der Bundesregierung in der Kernenergiefrage. Haben wir mit einer Laufzeitverlängerung von 8 oder etwa sogar 28 Jahren zu rechnen? Das ständige Hin und Her von Schwarz-Gelb in dieser Frage verunsichert nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch den gesamten Energiemarkt. Dabei bleibt der Umbau unseres Energiesystems hin zu 100 Prozent erneuerbare Energien auf der Strecke. Die Laufzeitverlängerungen machen vielerorts Investitionen von Stadtwerken und neuen Wettbewerbern unrentabel und auch die Betreiber von Atomkraftwerken setzen lieber auf den Weiterbetrieb ihrer abgeschriebenen Kraftwerke, als in neue sauberere Anlagen zur Energieerzeugung, in Energieeffizienz oder die Modernisierung der Energienetze zu investieren.

Wir als SPD halten daher ohne Wenn und Aber an der Ausstiegsvereinbarung von 2000 fest. Atomkraftwerke sind in ihren Laufzeiten nach geltendem Recht begrenzt und werden daher Anlage für Anlage innerhalb der nächsten 10-12 Jahre ihren Betrieb beenden. Wir halten dies nicht nur für ökonomisch und ökologisch realisierbar, sondern für dringend notwendig. Die Atomkraft hat mit uns keine Zukunft, auch nicht als sogenannte Brückentechnologie.

Auch ich halte mediale Kampagnen durchaus für sinnvoll, um über die Energieproblematik aufzuklären. Mein Ziel dabei wäre in erster Linie, die Akzeptanz für erneuerbare Energien zu stärken. Wer ein nachhaltiges Energiesystem haben möchte, das den CO2-Ausstoß minimiert, uns von fossilen Energieimporten weitestgehend unabhängig macht und für die Verbraucher dauerhaft bezahlbar bleibt, muss sich mit dem Anblick von Windkraftanlagen und Solarparks sowie einem Ausbau der Netze und den damit verbundenen Investitionskosten anfreunden.

Dabei dürfen wir natürlich die Suche nach einem geeignetem Endlager für den Atommüll nicht aus dem Auge verlieren. Dies ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wer jahrzehntelang auf die Atomenergie setzt, der muss auch eine Lösung für deren gefährliche hochradioaktive Hinterlassenschaft finden. Wir wollen daher die Suche nach dem am besten geeigneten Endlager zügig und ergebnisorientiert fortsetzen. Dabei hat die Sicherheit oberste Priorität. Die ungelöste Atommüllfrage ist ohne Frage ein Grund mehr für mich, an dem Atomausstieg festzuhalten. Allein eine Laufzeitverlängerung von zehn Jahren würde 4.500 Tonnen hochradioaktiven und ca. 8.000 m³ schwach- und mittelradioaktiven Abfall zusätzlich bedeuten.

Ihre Forderung nach einer Beteiligung der Atomwirtschaft an der Erforschung alternativer Energielösungen, Endlagerungsmöglichkeiten und erhöhter Sicherheit halte ich für richtig und wichtig. Bis zur Abschaltung der Atomkraftwerke erwirtschaften deren Betreiber in der Höhe ungerechtfertigte Erlöse. Daher will die SPD – völlig unabhängig von den kursierenden Jahreszahlen über mögliche Laufzeitverlängerungen - jede Kilowattstunde besteuern, die durch den Einsatz von spaltbarem Material erzeugt wurde. Wir freuen uns natürlich, dass die Bundesregierung diese Anregung in Form der Brennelementesteuer in ihre Sparpläne aufgenommen hat, aber schreiben uns die Initiative durchaus auf die eigenen Fahnen.

Ich wünsche Ihnen und Mitschülerinnen und Mitschülern weiterhin viele spannende Debatten rund um das Thema Energie!

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Becker, MdB