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Dirk Becker
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Frage von Gerrit W. •

Frage an Dirk Becker von Gerrit W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Becker,
danke für die schnelle Antwort ... die leider keine Antwort auf meine Frage ist:

Was werden Sie ganz konkret tun, um die Spritpreise zu senken?????

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wagner,

es tut mir leid, dass Sie meine erste Antwort zu den hohen Benzinpreisen nicht überzeugt hat. Ich will gerne noch einmal den Versuch machen Ihnen meine Position zu verdeutlichen.

Wie ich Ihnen bereits geschrieben habe, ist die Möglichkeit der deutschen und europäischen Politik Einfluss auf den internationalen Ölmarkt zu nehmen äußerst gering. Die Preisbildung liegt allein in der Hand der Marktteilnehmer, eine Preisaufsicht existiert faktisch nicht.

Der Ölpreis liegt heute um mehr als das Sechsfache über dem zur Jahreswende 1998/1999. Da die Ölförderkosten im gleichen Zeitraum kaum gestiegen sind, verbleiben die Gewinne fast ausschließlich bei den großen Ölkonzernen. Unser Land ist fast vollständig von Ölimporten abhängig, Wir fördern nur knapp 3 Prozent des verbrauchten Öls selbst. Rund 10 Prozent beziehen wir aus dem Nahen Osten, 15 Prozent aus Afrika, rund 30 Prozent aus Europa und etwas 35 Prozent aus Russland. Die langfristigen Faktoren, die zu einem nachhaltigen Anstieg des Ölpreises geführt haben, habe ich Ihnen ja bereits in meiner ersten Antwort beschrieben. Dies sind das anhaltend hohe Wachstum in China und Indien, weitgehend ausgereizte Förderkapazitäten, die unsichere politische und ökonomische Lage in wichtigen Förderländern usw. Hinzu kommt derzeit – wie ich ebenfalls bereits geschrieben habe – die aktuelle Situation durch die Folgen des Hurrikans Katrina, der den Ausfall von mehreren Hundert Förderplattformen verursacht hat.

Die Bundesregierung hat sich umgehend zu konkreten Schritten entschlossen und sich bereit erklärt Teile der Ölreserve aufzulösen. Dies wird – so hoffe ich sehr – für eine Atempause bei der Preissteigerung sorgen. Forderungen, jetzt an der Steuerschraube zu drehen, müssen dagegen sehr kritisch betrachtet werden. Wenn die Union fordert, die Mehrwertsteuer für Benzin zu senken, aber gleichzeitig ankündigt, im Falle eines Wahlsieges die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, muss die Frage gestellt werden: was gilt? Auch die immer wieder erhobene Behauptung, die Ökosteuer mache das Benzin teuer, steht auf sehr wackeligen Beinen. Fakt ist: Mit der Ökologischen Steuerreform haben wir seit 1998 bis heute in fünf Schritten die Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel um insgesamt 15,3 Cent je Liter erhöht. Im gleichen Zeitraum ist an den Tankstellen der Durchschnittspreis für Normalbenzin von 0,78 Euro auf 1,38 Euro (+60 Cent) und für Diesel von 0,58 Euro auf 1,18 Euro (+60 Cent) angestiegen. Die Ökosteuer macht demnach weniger als ein Drittel der Preissteigerungen aus. Die Einnahmen aus der Ökosteuer fließen zu rund 90 Prozent in die Rentenkassen und entlasten alle Beitragszahler um derzeit rund 16 Mrd. Euro jährlich. Wer die Ökosteuer abschaffen will, muss das Geld an anderer Stelle eintreiben.

Gleichwohl darf sich die Politik an dieser energie-, wirtschafts- und sozialpolitisch so entscheidenden Stelle einfach zurücklehnen. Kurzfristig prüfen wir sehr intensiv, inwieweit besonders betroffenen Gruppen eine Entlastung bzw. Hilfestellung gewährt werden kann, ohne dass wir damit falsche Signale in den Markt geben oder zusätzliche Spekulation und Gewinnmitnahmen anreizen. Dies erfordert Sorgfalt und Vorbereitung und kann nicht übers Knie gebrochen werden.

Die eigentlichen Probleme reichen allerdings tiefer und sind – wie ich Ihnen bereits in der ersten Antwort versucht habe zu erläutern – struktureller Natur. Gegen die völlig einseitige Selbstbindung an das Öl hilft nur eine strategisch angelegte Politik hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Becker