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Frage von Wolfgang B. •

Frage an Dirk Becker von Wolfgang B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Becker,
bitte beantworten Sie mir doch einige Fragen zum öffentlichen Dienst, da Sie diesem ja auch angehören bin ich an Ihrer Meinung interessiert.

Warum fehlt in Ihrem Wahlprogramm jeder konkrete Hinweis auf Bedeutung und Zukunft des öffentlichen Dienstes in Deutschland?
Der öffentliche Dienst ist ein entscheidender Standortfaktor für Deutschland. Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen unseres Systems? Was muss verbessert werden?
Mit dem Strukturreformgesetz hat das Bundeskabinett am 15. Juni 2005 eine grundlegende Modernisierung des Dienst- und Besoldungsrechts für die Beamtinnen und Beamten beschlossen. Unterstützen Sie das vorliegende Reformprojekt? Gibt es Punkte, an denen Sie Korrekturbedarf anmelden?
Wie stehen Sie zu den in der „Föderalismuskommission“ diskutierten Plänen, die Kompetenzen für das Dienst- und Bezahlungsrecht vollständig auf die Länder zu übertragen?
Teilen Sie die Auffassung, dass die notwendigen Veränderungen im öffentlichen Dienst im Rahmen der bestehenden Verfassung möglich sind, oder treten Sie für eine Änderung des Artikels 33 Absatz 5 GG ein?
Welche Maßnahmen planen Sie, um die Alterssicherungssysteme der Beamten und der gesetzlich Versicherten mittel- und langfristig stabil und leistungsfähig zu erhalten?
Lassen sich die Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung eher durch Prämienmodelle oder eine einheitliche Bürgerversicherung lösen? Welche Rolle spielen dabei die privaten Krankenversicherungen und das Beihilfesystem der Beamten?
Wie stehen Sie zum ausgehandelten Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst? Soll die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) diesen Vertrag für die eigenen Beschäftigten übernehmen? Wie wichtig ist Ihnen der Flächentarif?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Breyla

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SPD

Sehr geehrter Herr Breyla,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Öffentlicher Dienst.

Vorweg: Im Wahlmanifest der SPD ist der Wille nach einer leistungsfähigen staatlichen Infrastruktur formuliert. Die SPD will einen starken und sozialen Staat mit einer hierfür erforderlichen leistungsfähigen und effektiven Verwaltung. Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie im öffentlichen Dienst einen entscheidenden Standortfaktor für Deutschland sehen.

Ihre Frage nach den Stärken und Schwächen des Systems möchte ich Ihnen folgende Antwort geben. Das Berufsbeamtentum steht für Stabilität, Loyalität und Leistungsfähigkeit. Zugleich will die SPD Rahmenbedingungen schaffen, durch die die Verwaltung noch effizienter wird. Modernisierungsprozesse auf diesem Gebiet müssen aus dem Blickwinkel der Adressaten, unserer Bürger gesehen, aber auch auf ihren Nutzen hin überprüft werden.

Zu Ihrer Frage nach dem Strukturreformgesetz: Dieses basiert auf dem Eckpunktepapier von Bundesinnenminister Otto Schily, dem Bundesvorsitzenden des dbb beamtenbund und tarifunion, Peter Heesen und des Vorsitzenden der Vereinten Dienstleistungswerkschaft ver.di, Frank Bsirske. Ich befürworte das Gesetz ausdrücklich. Der hier gefundene Kompromiss ist wegweisend für die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Mit der Reform des Status-, Bezahlungs-, und Versorgungsrechts wird ein neues Kapitel im öffentlichen Dienst in Deutschland aufgeschlagen. Auch wenn zu befürchten ist, dass die Union ihr bisheriges Verhalten im Bundesrat beibehält und ihre Zustimmung für das Strukturreformgesetz erneut verweigert, werden wir dieses wichtige Reformvorhaben in der nächsten Legislaturperiode konsequent weiter verfolgen.

Zu den in der „Föderalismuskommission“ diskutierten Plänen, die Kompetenzen für das Dienst- und Besoldungsrecht vollständig auf die Länder zu übertragen ist zunächst festzustellen, dass die gegenwärtig bestehende konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Beamtenbesoldung schon jetzt an verschiedenen Stellen Spielraum für die Länder lässt. Umgekehrt wird man nicht eine völlige Zersplitterung der Beamtenbesoldung befürchten müssen, falls die Gesetzgebungszuständigkeit für die Besoldung der Landesbeamten wieder auf die Länder übertragen werden sollte. Allerdings wollen wir, dass der Beamtenstatus als solcher weiterhin bundeseinheitlich geregelt bleibt.

Die von uns eingeleitete Strukturreform des Dienstrechts des öffentlichen Dienstes geht nicht mit einer Grundgesetzänderung einher. Der eingeschlagene Weg zeigt, dass es bereits unterhalb der Schwelle einer Verfassungsänderung zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten im Dienstrecht gibt. Innerhalb der Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung bestand parteiübergreifender Konsens darüber, dass die in Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz garantierten „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ um einen Passus zu deren Fortentwicklung ergänzt werden sollten. Wir wollen die Fortentwicklung der hergebrachten Grundsätze, denn ohne sie ist der Fortbestand des Berufsbeamtentums nicht vorstellbar. Die hierzu von uns in der Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung eingenommene Position werden wir auch bei der angestrebten Fortsetzung der Gespräche weiter verfolgen.

Zum Thema Alterssicherungssysteme von Beamten muss man zunächst sagen, dass auch diese von den Auswirkungen des demografischen Wandels in unserer Gesellschaft betroffen sind. Der weitere Anstieg der Versorgungsbezüge wurde ab 2003 mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 über mehrere Jahre um insgesamt 5 % gedämpft und das Versorgungsniveau entsprechend abgesenkt. Die dadurch eingesparten Mittel dienen der Sicherung künftiger Versorgungsausgaben. Für die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurden ebenfalls im Jahr 2001 die notwendigen Leistungsanpassungen eingeleitet. Der Dritte Versorgungsbericht der Bundesregierung vom 25.05.2005 zeigt, dass die bisher eingeleiteten Maßnahmen nicht ausreichen. Die Bundesregierung hat daher im Mai 2005 das Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz beschlossen, mit dem die Dämpfung des Rentenanstiegs durch den so genannten Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung übertragen werden sollte. Der unionsdominierte Bundesrat hat das Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz am 17. Juni 2005 abgelehnt.

Wir wollen die Krankenversicherung in Deutschland zu einer solidarischen Bürgerversicherung weiterentwickeln, in der gesetzliche und private Krankenversicherungen nebeneinander Bestand haben. Künftig sollen alle Bürgerinnen und Bürger in einem System versichert sein: Gutverdiener und Beamte, Selbständige und Politiker. Jeder zahlt entsprechend seiner Leistungsfähigkeit – die Beiträge richten sich wie bisher nach dem Einkommen. Dabei bleibt die beitragsfreie Familienversicherung erhalten. Unser Konzept für eine Bürgersicherung sieht vor, dass es für bestehende private Krankenversicherungsverträge einen Bestandsschutz gibt. Bürgerinnen und Bürger können danach ihre Kasse frei wählen. Wer gesetzlich versichert ist, kann künftig zwischen den Bürgerversicherungsangeboten der gesetzlichen und der privaten Kassen wählen. Wer bereits einen privaten Versicherungsvertrag nach altem Muster hat, kann diesen behalten oder in ein Bürgerversicherungsangebot seiner Wahl wechseln. Einzelheiten des Übergangs zur Bürgerversicherung werden Gegenstand eines gesonderten Gesetzgebungsverfahrens sein. Dabei werden auch die dienstrechtlichen Belange der Beihilfeberechtigten und Empfänger der freien Heilfürsorge berücksichtigt werden.

Den nach zweijährigen Verhandlungen zwischen Bund, Kommunen und Gewerkschaften getroffenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst begrüße ich außerordentlich. Die Eckpunkte der Vereinbarung, wie ein flexibleres Arbeitszeitmodell, eine leistungsorientierte Bezahlung und eine flexiblere Tarifregelung durch Öffnungsklauseln, sind ein wichtiger Schritt zur Realisierung des Projektes „Initiative Bürokratieabbau“. Nachdem sich die Kommunen der Tarifregelung angeschlossen haben, wäre auch eine Übernahme durch die Bundesländer erstrebenswert gewesen. Wir befürworten daher eine flächendeckende Einführung des neuen Tarifrechts hin zu einer einheitlichen Regelung auch in den Bundesländern.

Ich hoffe, dass ich Ihnen Ihre Fragen beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Becker