Frage an Dirk Becker von Stefanie S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Becker,
vielen Dank für Ihre Antworten vom 20. und 27.4.09 zur Anlage in Penkun. Wie Sie schreiben, hat die SPD-Fraktion die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagebegriffs genau geprüft und dabei haben Sie über Jahre hinweg beobachtet wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben.
Frage 1 Nach welchen Kriterien beurteilen Sie wann eine "bewusste Umgehung" des Gesetztes vorliegt und welche Kriterien müssen vorliegen um von "Rechtsmissbräuchlichkeit" zu sprechen?
Frage 2 Welche Bedeutung spielt es für die Beurteiling durch Sie, ob zum Zeitpunkt der Planung eines Anlagenparks Einzelanlagen mit einer höheren Leistung überhaupt verfügbar und technisch erprobt waren? Welche Bedeutung spielt es, wenn ein Investor auf technisch erprobte Anlagengrößen zurückgegriffen hat um zusätzliche Risiken zu reduzieren und eine betriebswirtschaftlich tragfähige Lösung angestrebt hat?
Frage 3 Im letzten Satz Ihrer Antwort v. 20.4. führen Sie "Daraus leiten wir andererseits aber auch ab, dass für Anlagen in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist".
Wer ist für die Prüfung und Feststellung des Rechtsmussbrauchs zuständig?
Gibt es seitens der SPD-Fraktion Kriterien wann die Gestaltung rechtsmissbräuchlich ist? Wenn ja, welche?
Empfehlen Sie dem Anlagebetreiber eine zivilrechtliche Klärung dieser Frage?
Frage 4 Die Zeichner des Fonds Geno Bioenergie 1 in Penkun haben auf den Bestandsschutz und die Verlässlichkeit des deutschen Gesetzgebers zum Bestand von Gesetzen vertraut. Was hat die SPD Bundestagsfraktion getan, um die Initiatoren und Anlagebetreiber zu informieren? Wissen Sie, ob die Bundesregierung entsprechend informiert hat?
Frage 5 Sie sehen die Verantwortung für das fehlgeschlagene Investment bei den Banken. Meine Bank beruft sich darauf, dass sie keine Kenntnis von der Meinung der Bundesregierung hatte. Warum sehen die Banken dennoch in der Verantwortung?
Sehr geehrte Frau Schmid,
ich möchte Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Zu 1. Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen dermaßen geregelt, dass zwischen kleineren und größeren Anlagen aufgrund der spezifischen Stromgestehungskosten differenziert wird. Je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist, desto billiger kann sie Strom produzieren, desto näher befindet man sich am Herstellungspreis von konventionellem Strom, desto niedriger ist dann auch die Vergütung über das EEG. Wer also eine mögliche größere Anlage in mehrere kleinere aufteilt, um eine höhere Vergütung zu erlangen, handelt gegen den Zweck der gesetzlichen Regelung.
Zu 2. Vom Grundsatz her ist das EEG ein Gesetz zur Förderung gerade von neuen und innovativen Technologien, damit zukünftig die Herstellung von Strom aus regenerativen Energien nicht mehr teurer ist als Strom auf Basis fossiler uns nuklearer Brennstoffe. Insofern bietet EEG sehr wohl einen Anreiz, ein gewisses technisches und wirtschaftliches Risiko einzugehen.
Es macht daher auch einen Unterschied, ob ich nur die Anlagen nachfrage, die auf dem Markt verfügbar sind oder ob ich bei der Bestellung von Anlagen klare Vorgaben für die Anlagenhersteller machen und damit technische Innovationen anstoße. Das ist zwar keine gesetzlich vorgeschriebene Notwendigkeit für eine Vergütung, doch wenn man die Möglichkeit bzw. den Wunsch nach einer größeren Anlage hat, sollte man schon mit Firmen mit entsprechender Expertise sprechen. Das passiert übrigens in der gesamten Wirtschaft tagtäglich und ist auch der Grund für die sehr gute Marktstellung des deutschen Anlagen- und Maschinenbaus.
Zu 3. Das EEG regelt allein die privatrechtliche Beziehung zwischen Anlagen- und Netzbetreibern. Sollten diese beiden Akteure nicht einig werden, kann auf Antrag die vollständig (weisungs-) unabhängige Clearingstelle für das EEG angerufen werden, die sich um eine außergerichtliche Konfliktlösung im allseitigen Einvernehmen bemüht. Die SPD-Bundestagsfraktion - und auch keine andere Fraktion oder gar die Bundesregierung - sind in diesem Prozess involviert.
Welcher Weg bei einem Konflikt gesucht werden soll, ob nun über ein Gericht oder die Clearingstelle, ist jedem Beteiligten selbst überlassen.
Zu 4. Im Dunstkreis der politischen Institutionen in Deutschland befinden unzählige Verbände, Vereine, Firmenvertreter, freiberufliche Lobbyisten, Anwaltssozietäten und Journalisten, die die politische Diskussion auf das Genauste verfolgen. Den interessierten Kreisen muss man also schon eine frühe Kenntnis des politischen Willens der Bundesregierung, der Koalitionsfraktionen und des Bundesrates bei der Novellierung des EEG unterstellen.
Weder der Deutsche Bundestag noch die Bundesregierung sind zu einer weiteren Information z.B. von Anlagebetreibern verpflichtet. Diese Aufgabe kommt dem oben genannten Kreis zu, was auch über Rundschreiben, Mitgliederinformationen, Fachpresse etc. i.d.R. umfassend geschieht.
Zu 5.Wenn Sie den Fondsprospekt des Geno Bioenergie 1 aufmerksam gelesen haben, müsste Ihnen der bereits an anderer Stelle zitierte Satz zu den Risiken ins Auge gestochen haben. Und hier stellt sich die Frage, ob die vermittelnden Banken bei der Beratung ordnungsgemäß über bestehende und bekannte Risiken aufgeklärt haben. Das lässt sich jedoch abstrakt und aus der Ferne nicht beurteilen. Hier muss sich jeder einzelne Anleger selbst juristischen Rat einholen.
In der Hoffnung, Ihren Informationswunsch umfassend und abschließend befriedigt zu haben,
grüßt Sie herzlich
Dirk Becker, MdB