Frage an Dietrich Monstadt von Max P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Warum hat es Ihre Partei versäumt direkte Demokratie auf Bundesebene einzuführen. Ich denke dass die Bevolkerung mehr Interesse an Politik hätte, wenn wir mitentscheiden könnten über wichtige Entscheidungen.
Können sie sich vorstellen, mehr Demokratie zu wagen?
Mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Priesemann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Union bekennt sich zur repräsentativen Demokratie, in der politische Führung und demokratische Verantwortung wirksam miteinander verbunden werden. Repräsentative Demokratie schließt allerdings auch Elemente unmittelbarer Demokratie nicht aus. Auf den regionalen Ebenen können diese das repräsentative System sinnvoll ergänzen. Im Grundsatzprogramm der CDU von 2007 sind diese Prinzipien deutlich herausgestellt.
Auf Landes- und Kommunalebene, wo es um Problemlösungen vor Ort geht, kann die Stimme des Bürgers in unserem föderalen System auf vielfältige Weise Ausdruck finden, etwa bei Befragungen sowie durch Bürgerinitiativen und Bürgerentscheide. Auf Bundesebene jedoch, könnten Volksentscheide oder ähnliche Verfahren den oft komplexen Fragen unserer Gesellschaft kaum gerecht werden. Naturgemäß können die meisten Volksentscheide nur einfache "Ja" oder "Nein" Antworten anbieten. Die Gesetzgebung ist oftmals aber sehr vielschichtig und muss eine kaum überschaubare Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen berücksichtigen. Um hier zu zufriedenstellenden Antworten zu gelangen, wird im Deutschen Bundestag auf dem Wege der Gesetzgebung ein Verfahren angewandt, dass ein hohes Maß thematischer Tiefe und Flexibilität erlaubt. Durch drei Lesungen, Ausschussberatungen, Sachverständigenanhörungen und Berichterstattergespräche wird eine ausgewogene und faire Gesetzesfindung sichergestellt. Auf dem Wege dieses "lernenden Verfahrens" ist Spielraum, Änderungen und Anpassungen zu berücksichtigen.
Volksentscheide erlauben eine solche detailreiche Abstimmung nicht. Die unangemessene Verkürzung vieler Sachthemen könnte leicht zu populistisch beeinflussten Ergebnissen führen, bei denen die notwendigen Kompromisse der parlamentarischen Diskussion auf der Strecke blieben. Dieses würde insbesondere zu Lasten von Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen gehen.
Sie sehen also, dass wir Elementen der direkten Demokratie auf Bundesebene kritisch gegenüberstehen, während sie im kommunalen Bereich eine praxistaugliche Ergänzung sein können. Unser System der repräsentativen Demokratie ist bewährt und hat sich in den letzen 60 Jahren als Garant für Stabilität und soziale Gerechtigkeit erwiesen.
Mit freundlichen Grüßen
Dietrich Monstadt
Sehr geehrter Herr Priesemann,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage über "Abgeordnetenwatch" zum Thema direkte Demokratie auf Bundesebene und nehme gern zu dieser Stellung.
Ich bin direktdemokratischen Elementen gegenüber sehr positiv eingestellt, da so politische Führung und demokratische Verantwortung wirksam miteinander verbunden werden können. Besonders auf Landes- und Kommunalebene ist Direktdemokratie sehr sinnvoll um die Stimme des Bürgers gut zum Ausdruck zu bringen, da es sich hier um die Problemlösungen vor Ort handelt. Dies kann durch Bürgerentscheide, Befragungen und Bürgerinitiativen geschehen.
Meines Erachtens können diese Verfahren jedoch den oft sehr komplexen Fragen auf Bundesebene nicht gerecht werden. Denn die üblichen Volksentscheide bieten meist nur "Ja"- oder "Nein"- Antworten an. Die Gesetzgebungen auf Bundesebene sind aber oftmals vielschichtiger und müssen eine komplexe Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen berücksichtigen. Um hier zu einem zufriedenstellendend Ergebnis zu gelangen, wird im Deutschen Bundestag ein Verfahren angewandt, das ein hohes Maß an thematischer Tiefe und Flexibilität erlaubt. Durch drei Lesungen, Ausschussberatungen, Sachverständigenanhörungen und Berichterstattergespräche wird eine ausgewogene und faire Gesetzesfindung sichergestellt.
Meiner Ansicht nach bestünde bei direkter Demokratie auf Bundesebene die Gefahr, dass der Einfluss von Verbänden und Interessengruppen zunehmen würde. Diese sind jedoch nicht demokratisch legitimiert. Negative Beispiele dafür finden sich in den Erfahrungen aus dem Ausland. Hier wird das Durchsetzungsvermögen von Interessenverbänden, die organisatorisch und finanziell gut aufgestellt sind, durch direktdemokratische Verfahren gestärkt.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage ausreichend beantworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Dietrich Monstadt, MdB