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Dietrich Monstadt
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Frage von Marcel R. •

Frage an Dietrich Monstadt von Marcel R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Monstadt,

Ich habe eine Frage zum Thema des "negativen Stimmgewichts". Das BVerfG hat 2008 entschieden, dass unser bisheriges Bundeswahlrecht in Teilen verfassungswidrig ist und eine Frist zur Änderung bis auf den 30.06.11 gesetzt. http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/cs20080703_2bvc000107.html

Da es bisher keine Gesetzesänderung gab die o.g. Problem beseitigt stellt sich mir vor allem die Frage, wann dies demnächst geschehen soll und außerdem was passieren würde, wenn die zeitliche Auflage des BVerfG nicht eingehalten wird. Welche direkten Folgen würden sich aus so einem "Verstoß" ergeben?

Könnte man, hypothetisch außerdem an der verfassungskonformen Legitimation aller Abgeordneten im Bundestag zweifeln, wenn diese durch eine teilweise verfassungswidriges Wahlrecht ins Amt kommen?

Nähere Informationen zum negativen Stimmgewicht: http://de.wikipedia.org/wiki/Negatives_Stimmgewicht_bei_Wahlen

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rogge,

haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an diesem komplexen und wichtigen Thema.

Im Sinne Ihrer Frage scheinen mir vor allem die Absätze 143 und 144 der Begründung zum Urteil des zweiten Senates des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2008 hilfreich zu sein:

„Bei der Bestimmung der Frist, die dem Gesetzgeber zur Behebung des verfassungswidrigen Zustandes einzuräumen ist, ist einerseits zu bedenken, dass ein neuer Bundestag möglichst auf verfassungsrechtlich einwandfreier Grundlage gewählt wird. Andererseits fordert der dem Gesetzgeber von Verfassungswegen zustehende Gestaltungsspielraum ausreichend Zeit, um die verschiedenen Regelungsalternativen und deren Auswirkungen auf das Wahlrecht angemessen zu berücksichtigen und zu gewichten. Dies erfordert genügend Raum für Anhörungen und Abstimmungen auch mit den Parteien und deren Landesverbänden. Das Gesetzgebungsverfahren muss zudem so rechtzeitig abgeschlossen sein, dass sich die Parteien bei der Aufstellung ihrer Kandidaten auf die neue Rechtslage einstellen können.

Im Hinblick auf die hohe Komplexität des Regelungsauftrags und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Fristen zur Vorbereitung einer Bundestagswahl (vgl. §§18, 19 BWG) erscheint es danach unangemessen, dem Gesetzgeber aufzugeben, das Wahlrecht rechtzeitig vor Ablauf der gegenwärtigen Wahlperiode zu ändern. Das reguläre Gesetzgebungsverfahren müsste in diesem Fall spätestens im April 2009 abgeschlossen sein, damit das neue Recht bei den Vorbereitungen zur Wahl zum 17. Deutschen Bundestag berücksichtigt werden könnte. Ein derart kurzer Zeitraum birgt die Gefahr, dass die Alternativen nicht in der notwendigen Weise bedacht und erörtert werden können. Dem Gesetzgeber wäre damit auch die Möglichkeit genommen, das für den Wähler kaum noch nachzuvollziehende Regelungsgeflecht der Berechnung der Sitzzuteilung im Deutschen Bundestag auf eine neue, normenklare und verständliche Grundlage zu stellen. Demgegenüber kann ausnahmsweise hingenommen werden, dass die Sitze im kommenden Bundestag - wie in den vergangenen Jahrzehnten - noch nach §7 Abs.3 Satz2 in Verbindung mit §6 Abs.4 und 5 BWG zugeteilt werden. Der Gesetzgeber hat den verfassungswidrigen Zustand aber spätestens bis zum 30.Juni 2011 zu beheben.“

Quelle:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/cs20080703_2bvc000107.html

Nicht zuletzt aus diesem Auszug geht hervor, dass es sich bei der notwendigen Änderung des Wahlgesetzes um eine vielschichtige Materie handelt. Daher teile ich die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass Qualität jedenfalls vor Geschwindigkeit geht. In diesem Sinne arbeitet auch die christlich-liberale Koalition seit längerem mit Nachdruck an dieser Thematik. Die Abstimmungen und Abwägungen befinden sich in der Endphase. An die Entscheidung und gesetzten Fristen des Bundesverfassungsgerichts fühlen wir uns natürlich gebunden. Daher gilt Zweierlei:

1) Es wird eine entsprechende Gesetzesänderung des Wahlgesetzes geben.
2) Wir bemühen uns nach Kräften, diese bis zur Sommerpause umzusetzen.

Die Frage der Folgen bei Nicht-Umsetzung ist zum einen hypothetisch (entsprechende Änderung des Wahlgesetzes wird zur nächsten Bundestagswahl definitiv in Kraft sein) und wäre dann zudem wiederum vom Bundesverfassungsgericht zu klären.

Sollten Sie am weiteren Sachstand und /oder der inhaltlichen Ausgestaltung Interesse haben, werde ich Sie künftig gerne informieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dietrich Monstadt MdB

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