Dietrich Herrmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Katrin H. •

Frage an Dietrich Herrmann von Katrin H. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Herrmann,

erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass Sie in meinem Wahlkreis als Direktkandidat aufgestellt sind.
So nah mir die grünen Positionen auch stehen - aufgrund der derzeitigen Wahlkampftaktik der Parteien (ausgenommen FDP) keine Koalitionsaussagen zu treffen, würde mich Ihre Position zur Linkspartei interessieren.
Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit dieser Partei vorstellen? Halten Sie die Linken für glaubwürdig oder hüllen sich da eher die Kommunisten in den Mantel der Demokratie? Ich finde es absolut falsch bei unserem Wahlrecht im Vorfeld keine Koalitionsaussagen zu treffen. Auch in den Diskussionen im Freundeskreis zeigt sich, dass die Grünen weit mehr Stimmen erringen könnten, wenn man Gewissheit hätte, damit nicht letztendlich noch die Linkspartei mit der Regierungsverantwortung zu betrauen. Oder sehen Sie dies als unproblematisch an, handelt es sich gar um ein massenmedial verzerrtes Bild?

Mit freundl. Grüßen
Katrin Hantsch

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Hantsch,

vielen Dank für Ihre Frage.

1.) Ich halte die "Linke" zwar für eine Partei, mit der man prinzipiell zusammen arbeiten kann. Allerdings möchte ich aber ganz klar darauf hinweisen, dass es Verantwortungsträger bei den Linken gibt, darunter auch Abgeordnete, die ich NICHT in einem Regierungsamt sehen möchte.

Auch wenn ich bei einem großen Teil gerade der jüngeren Linken einen ehrbaren Politikansatz erkenne (der sich gleichwohl von dem meinen deutlich unterscheidet, s.u.), gibt es nach wie vor Abgeordnete und Funktionsträger, die nicht nur in der DDR-Zeit u.a. als Stasi-Spitzel Schuld auf sich geladen haben, sondern die sich offenbar bis in die Gegenwart hinein nicht wirklich mit ihrem Tun und Handeln in der Vergangenheit auseinandergesetzt haben.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Auch etliche Angehörige der ehemaligen Blockparteien CDU/Bauernpartei und LDPD/NDPD/FDP lassen eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte vermissen. Schließlich gibt es gerade in meiner Partei und ihren Anhängern viele, die eben NICHT Kompromisse um der Karriere willen eingegangen sind wie Blockflöten-Tillich und andere, oder die Mitmenschen bespitzelt haben wie Volker Külow (SED-Linke).

Dass Linke nicht nur in Dresden, sondern auch in anderen Städten Ostdeutschlands mit den alten Freunden aus der Nationalen Front, die inzwischen bei den gewendeten Parteien CDU und FDP gelandet sind, kooperiert haben oder kooperieren, entbehrt nicht einer gewissen Komik.

Bei der Forderung nach dem schnellen "Raus aus Afghanistan" der Linken fühle ich mich halt auch noch erinnert an die Versuche vieler westdeutscher DKP-Leute (nicht wenige inzwischen bei der Linken) und der SED und ihrer Freunde, die brutale Besetzung Afghanistans durch die Sowjetunion zu rechtfertigen - ein weiterer Punkt, wo so mancher "Linker" noch etwas Geschichtsaufarbeitung in eigener Sache betreiben könnte.

2.) Abgesehen davon, dass die SPD eine Zusammenarbeit mit der Linken auf Bundesebene bis auf Weiteres aus meiner Sicht glaubwürdig ausgeschlossen hat, wäre es auch für Grüne schwierig:

- Nehmen Sie nur mal die Wahlslogans: "Reichtum für alle" ist billiger, blanker Populismus und vor dem Hintergrund eines weiteren Slogans "Reichtum besteuern" nur noch ein Lacher.
- Ein weiteres Problem bei der Linken sehe ich in deren mangelnder Bereitschaft auch Verantwortung in schwierigen, unpopulären Situationen zu übernehmen: Besonders auffällig sind dabei Führungsfiguren Lafontaine, der sich im Frühjahr 1999 mir nichts, dir nichts aus der Verantwortung als Bundesfinanzminister und SPD-Vorsitzender gestohlen hat, als es mal etwas unbequemer zu werden drohte, und Gysi, der 2002 nach nicht einmal einem halben Jahr als Berliner Wirtschaftssenator zurücktrat.

Lafontaine und Gysi blieben damit scheinbar von der Verantwortung für schwierige Entscheidungen verschont - so stilisieren sie sich nach wie vor als Menschen mit weißer Weste.

Auch manche Forderungen wie die 10 Euro Mindestlohn oder der sofortige Abzug aus Afghanistan (dann hätten wir Deutsche eine "weiße Weste", aber ohne dass sich etwas an der Situation in Afghanistan änderte) scheinen mir von reichlich wenig Realitätssinn zu zeugen.

Es ist also mehr der politische Grundansatz als die politischen Inhalte, der uns trennt, denn wie Sie vielleicht wissen gibt es (zu testen u.a. bei Wahl-o-Mat) eine realtiv hohe Übereinstimmung der politischen Inhalte zwischen Grünen und Linken.

Für Rückfragen zu Details stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

In der Hoffnung, dass Sie mir am Sonntag Ihr Vertrauen schenken können,
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Ihr
Dietrich Herrmann