Portrait Dietmar Nietan
Dietmar Nietan
SPD
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Frage von Alfred S. •

Frage an Dietmar Nietan von Alfred S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Nietan ,

da ich den Bundeskanzler ich selbst wählen kann, meine Fragen an Sie!
Werden Sie sich für ein neues soziales, solidarisches, demokratisches Europa einsetzen? Vereinigte Europäische Staaten?
Werden Sie sich dafür einsetzen aus der Nato auszutreten?
Können Sie eine Koalition mit der CDU / CSU ausschließen?
Werden Sie sich für oder gegen die Maut entscheiden?
Wie wollen Sie den hohen Handelsüberschuss abbauen?
Werden Sie sich für eine Steuerbasierte Rentenreform einsetzen?
Werden Sie sich für eine Steuerbasierte Gesundheitsreform einsetzen?
Werden Sie sich für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen?
Werden Sie sich dafür einsetzen den Mindestlohn auf mindestens ca. 12 € zu erhöhen?
Werden Sie die Kontrollen Bei dem Mindestlohn, auch bei den sogenannten Kolonnenarbeitern verstärken und bei Missachtung hohe Strafen verhängen?
Was werden Sie gegen Steuerflüchtlinge unternehmen?
Was werden Sie gegen Rammstein unternehmen?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Atombomben in Büchel verschwinden?
Werden Sie die Soldaten aus dem Ausland zurückholen?
Werden Sie es befürworten aus der Nato auszutreten?
Werden Sie sich gegen die Waffenproduktion in Deutschland einsetzen?
Werden Sie sich gegen TTIP, CETA und TISA einsetzen?
Weden Sie dem Lobbyismus den Kampf ansagen?

Portrait Dietmar Nietan
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schischke,

vielen Dank für Ihre zahlreichen Fragen, auf die ich Ihnen gerne kurz antworte.

1. Werden Sie sich für ein neues soziales, solidarisches, demokratisches Europa einsetzen? Vereinigte Europäische Staaten?
Die SPD fordert bereits seit ihrem Heidelberger Programm von 1925 die "Vereinigten Staaten von Europa". Wir brauchen eine Vertiefung der Zusammenarbeit in Europa statt sich in nationale Schneckenhäuser zurückzuziehen. Nur so lassen sich viele unserer Probleme lösen. Dafür steht unser Kanzlerkandidat Martin Schulz.

2. Werden Sie sich dafür einsetzen aus der Nato auszutreten?
Die NATO ist nach wie vor unverzichtbar. Allerdings ist es Auffassung der SPD, dass sich die NATO von einem reinen Verteidigungsbündnis zu einem System kollektiver Sicherheit entwickeln muss. In einem solchen System kollektiver Sicherheit liegt der Schwerpunkt nicht auf dem Militär, sondern auf Prävention und Austausch unter den Mitgliedsländern. Eine solche Weiterentwicklung der NATO befürworte ich. Es macht deshalb keinen Sinn, aus der Nato auszutreten. Die Welt ist nicht friedlicher geworden. Ein Austritt wäre deshalb sehr kurzsichtig und ein nicht verantwortbarer Schritt.

3. Können Sie eine Koalition mit der CDU / CSU ausschließen?
Ich halte nichts davon, Koalitionen (außer mit der AfD) auszuschließen. Das bringt uns nicht weiter. Wir wollen so viel wie möglich von unserem SPD-Programm nach der Wahl umsetzen. Das ist für uns die Richtschnur, nach dem wir unseren Koalitionspartner aussuchen werden, wenn wir von den Wählerinnen und Wähler nach der Bundestagswahl hierzu einen Auftrag bekommen. Die SPD hat sich um diese große Koalition nicht gerissen. Wir sind in die Große Koalition gegangen, weil sich zum einen die Grünen aus dem Staub gemacht haben, die damals keine schwarz-grüne Koalition eingehen wollten. Zum anderen weil wir nur an der Regierung wirkliche Verbesserungen für die Menschen erreichen können. Wir konnten natürlich mit einem 25%-Stimmergebnis nicht alle unsere Forderungen durchsetzen. Aber unsere Bilanz lässt sich schon sehen: Einführung des Mindestlohns, Verbesserungen bei der Rente, finanzielle Entlastung der Kommunen, mehr Mittel für den Städtebau, Beschränkung der Leih- und Zeitarbeit, und vieles mehr. Wenn Sie interessiert, was die SPD alles zugunsten der Menschen in der Koalition erreichen konnte, empfehle ich Ihnen diesen Link: http://www.spdfraktion.de/system/files/documents/spdbf-bilanz-2016-web.pdf

4. Werden Sie sich für oder gegen die Maut entscheiden?
Die SPD ist gegen die Einführung einer PKW-Maut. Im Rahmen der Großen Koalition konnten wir unsere Haltung leider nicht durchsetzen. Das war der Preis dafür, dass die CDU/CSU der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zugestimmt hat, der rund 4 Millionen Menschen mehr Geld ins Portmonee bringt. Wie Sie vielleicht wissen, soll die PKW-Maut erst nach der Bundestagswahl umgesetzt werden.
Helfen Sie mit, dass es zu einer SPD-geführten Regierung unter Martin Schulz kommt, dann werden wir die Maut auch wieder abschaffen.

5. Wie wollen Sie den hohen Handelsüberschuss abbauen?
Durch eine Stärkung der Binnen-Nachfrage. Martin Schulz hat immer wieder die Austeritätspolitik Deutschlands und anderer EU-Staaten kritisiert und in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise der südeuropäischen EU-Mitglieder gesehen. Hier braucht es eine stärkere Zusammenarbeit und mehr Solidarität in der EU.

6. Werden Sie sich für eine Steuerbasierte Rentenreform einsetzen?
Es kommt darauf an, was Sie darunter verstehen. Andrea Nahles hat ein Rentenkonzept entwickelt, die das Rentenniveau auf mindestens 46% in der gesetzlichen Rentenversicherung halten wird. Gleichzeitig soll ein maximaler Beitragssatz von 22 Prozent bis 2030 und 25 Prozent bis 2045 nicht überschritten werden. Das bedeutet, dass der heute schon erhebliche Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt in die gesetzliche Rentenversicherung steigen wird. Wenn Sie das unter einer steuerbasierten Rentenreform verstehen, dann ja.

7. Werden Sie sich für eine Steuerbasierte Gesundheitsreform einsetzen?
Ich weiß nicht, was Sie unter einer steuerbasierten Gesundheitsreform verstehen. Die SPD mit Martin Schulz setzt sich für eine "Bürgerversicherung" ein, in die alle einzahlen und in der die Trennung von privater und gesetzlicher Krankenversicherung aufgehoben ist. Mit der "Bürgerversicherung" schaffen wir eine solidarische Krankenversicherung.

8. Werden Sie sich für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen?
Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist eine spannende Idee. Letztlich halte ich sie aber für nicht finanzierbar und auch nicht geeignet, Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern. Dies gelingt besser, in dem man Menschen in gute Arbeit bringt.

9. Werden Sie sich dafür einsetzen den Mindestlohn auf mindestens ca. 12 € zu erhöhen?
Ich bin persönlich der Meinung, dass der Mindestlohn höher liegen müsste als derzeit 8,84 Euro die Stunde. Wichtig ist aber, dass es den gesetzlichen Mindestlohn dank SPD und Andrea Nahles überhaupt gibt. Das ist ein großer Fortschritt. Zusätzlich will die SPD die Gewerkschaften dabei unterstützen, durch ihre Tarifpolitik gute Löhne aushandeln zu können. Tarifverträge können zum Beispiel einfacher für allgemeinverbindlich erklärt werden als früher. Auch hat Andrea Nahles dafür gesorgt, dass branchenweite Mindestlöhne heute leichter festgelegt werden können.

10. Werden Sie die Kontrollen Bei dem Mindestlohn, auch bei den sogenannten Kolonnenarbeitern verstärken und bei Missachtung hohe Strafen verhängen?
Zur besseren Kontrolle des Mindestlohns wurden 1.600 neue Stellen bei der Zollverwaltung geschaffen, die dafür zuständig ist.

11. Was werden Sie gegen Steuerflüchtlinge unternehmen?
Bereits in seiner Antrittsrede hat Martin Schulz klar gemacht, dass die Bekämpfung von Steuerflucht einer seiner Schwerpunkte als Bundeskanzler sein wird. Auch soll sichergestellt werden, dass große Vermögen ihren Beitrag an der Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. Bei der Eindämmung der Steuerflucht ist die SPD auch schon aktiv: Seit diesem Jahr gilt ein automatischer Informationsaustausch in Steuersachen mit EU-Staaten und Drittstaaten. Wer Steuern hinterzieht, kann sich dann nicht mehr darauf verlassen, dass Vermögen anonym und damit unentdeckt bleiben. Außerdem können Sie sich bestimmt noch an den erfolgreichen Kauf von Steuer-CDs durch den NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans erinnern.

12. Was werden Sie gegen Ramstein unternehmen?
Seit Präsident Obama wird in den USA diskutiert, den Blick stärker auf den pazifischen Raum zu richten. In den USA gibt es deshalb selber eine Debatte, Stützpunkte in Europa zu schließen. Aber das müssen die Amerikaner entscheiden. Die USA haben das Recht, die Basis zu nutzen und wir sind vertragstreu.

13. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Atombomben in Büchel verschwinden?
Es gibt umfangreiche Initiativen der SPD und anderer sozialdemokratischer Parteien sowohl im atomaren Bereich als auch im konventionellen Bereich eine Abrüstung voran zu bringen. Wir sind kein Staat der über Atomwaffen verfügt. Ich mache mir keine Hoffnung, dass es unter dem jetzigen US-Präsidenten zu einer umfassenden atomaren Abrüstungsinitiative kommen wird. Das hält uns als SPD aber nicht davon ab, wieder neue Abrüstungsinitiativen anzustoßen. Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel hat noch als Außenminister eine solche Initiative in den NATO-Rat eingebracht.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine Bemerkung: Sie haben mir viele Fragen gestellt. Dabei fällt mir auf, dass Sie zu der Bedrohung Deutschlands und Europas durch Russland keine einzige Frage stellen. Ich bin viel in Polen und Osteuropa unterwegs und kann Ihnen nur raten, auch mit Bürgern aus Polen und den baltischen Staaten zu diskutieren. Die Menschen dort haben keine Angst vor den Amerikanern, sondern vor einer russischen Aggression, wie wir sie auf der Krim schon erlebt haben.

14. Werden Sie die Soldaten aus dem Ausland zurückholen?
In der internationalen Gemeinschaft gibt es den Grundsatz der "Responsibility to Protect" (Verantwortung zum Schutz). Ich halte deshalb völkerrechtlich legitimierte Missionen zur Verhinderung von Völkermorden, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit für verantwortbar. Ob sich die Bundeswehr daran beteiligt bzw. der Einsatz verlängert wird, entscheidet der Deutsche Bundestag in öffentlichen Debatten. Immer wieder wird aufs neue diskutiert, ob Auslandseinsätze der Bundeswehr noch sinnvoll sind. So hat die SPD zum Beispiel bereits in der Opposition darauf gedrängt, den Abzug der deutschen Soldatinnen und Soldaten aus Afghanistan zu beschleunigen.

15. Werden Sie es befürworten aus der Nato auszutreten?
Nein. Siehe meine Antwort zu 2.

16. Werden Sie sich gegen die Waffenproduktion in Deutschland einsetzen?
Ich bin dafür, das Ziel einer Welt ohne Waffen nie aus den Augen zu verlieren. Aber eine wehrhafte Demokratie muss in der Lage sein, inneren und äußeren Feinden Einhalt zu gebieten. Deshalb sehe ich auf längere Zeit nicht, dass wir ohne Armee und Waffen auskommen werden. Ich würde es darum für verlogen halten, eine Armee zu unterhalten, aber Waffen nur im Ausland einzukaufen. Eine Waffenproduktion in Deutschland lehne ich deshalb nicht pauschal ab, aber die Entwicklung der letzten Jahren mit Deutschland als Waffen-Exportweltmeister halte ich für nicht akzeptabel. Richtig halte ich hingegen, Bündnispartnern und Staaten, die demokratisch sind und in denen es keine Krisen gibt, unsere Waffen unter strengen Auflagen verkaufen zu können. In den letzten Jahren ist das Exportvolumen von Waffen kaum gesunken. Erfreulich ist aber, dass es eine deutliche Reduzierung der Exporte von Kleinfeuerwaffen gegeben hat. Mit diesen Waffen - und nicht Panzern oder Kampffliegern - werden die meisten Konflikte in der Welt nach wie vor ausgetragen.

17. Werden Sie sich gegen TTIP, CETA und TISA einsetzen?
Das Freihandelsabkommen TTIP ist in der jetzigen Form für mich und die SPD nicht verantwortbar. Bei CETA ist es Sigmar Gabriel allerdings in Zusammenarbeit mit einer fortschrittlichen Regierung in Kanada gelungen, CETA zum bisher fairsten Freihandelsabkommen zu machen. Deshalb kann ich Ihnen keine pauschale Antwort zu Freihandelsabkommen geben. Es kommt auf jedes einzelne Abkommen an: TTIP ist schlecht, CETA mit den erreichten Verbesserungen annehmbar. Angesichts des neuen Protektionismus in den USA halte ich es für eine strategische Notwendigkeit, dass Europa und Kanada enger zusammenrücken. CETA findet deshalb in der jetzigen Fassung meine ausdrückliche Billigung.

18. Weden Sie dem Lobbyismus den Kampf ansagen?
Auf Drängen der SPD hat sich die Koalition auf Karenzzeiten für Politiker verständigt, die in die Wirtschaft wechseln wollen. Außerdem fordert die SPD ein Lobbyregister beim Bundestag, das alle Vertreter von Verbänden, Initiativen und anderen Lobbygruppen verzeichnen soll. Dies wurde leider bisher von CDU/CSU abgelehnt.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit den Antworten meine Position und die der SPD klar machen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan

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