Ist eine Freigabe von Cannabis ethisch und gesundheitspolitisch vertretbar, obwohl es häufig die Depersonalisation auslöst, eine schwere, meist unheilbare und nicht behandelbare Erkrankung?
Cannabis kann eine schwere psychische Störungen auslösen: Die Depersonalisations-Derealisationsstörung oder kurz Depersonalisation (ICD-10: F48.1; ICD-11: 6B66). Etwa 1% der Bevölkerung sind betroffen [1,2]. In 25% dieser Fälle sind Drogen der Auslöser, am häufigsten durch Cannabis [3,4]. Oft genügt bereits ERSTMALIGER Konsum.
Die Störung ist meist lebenslang und unheilbar und führt nicht selten zum Suizid. Eine wissenschaftlich anerkannte Therapie existiert nicht und Forschung gibt es so gut wie keine, denn die Psychiatrie ignoriert das Krankheitsbild. Die Depersonalisation ist wahrscheinlich viel häufiger eine Folge von Cannabiskonsum als die Psychosen.
Wird die Politik auch wegschauen, indem sie Cannabis legalisiert und zulässt, dass noch mehr Menschen Opfer dieser Krankheit werden?
[1] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15022041/
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35699456/
[3] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14651505/
[4] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19538903/
Sehr geehrter Herr F.,
aus meiner Sicht ist die Kriminalisierung von Cannabis aus der Zeit gefallen. Darin sind sich unzählige Experten aus unterschiedlichen Disziplinen einig.
Damit wir uns aber nicht missverstehen: Eine Legalisierung ist keine Aufforderung zum (enthemmten) Konsum, aber sie fördert den Schutz der Konsumenten, beendet die unsinnige Strafverfolgung und spart so Ressourcen bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten. Dass Cannabis angeblich gefährlich ist, ist ein weiteres Argument für eine Legalisierung, denn diese würde für Kontrolle sorgen, die bisher vollständig fehlt. Konsumenten wüssten, was sie konsumieren.
Die von Ihnen geschilderte dissoziative Störung kann in Einzelfällen auftreten. Allerdings ist dies kein Argument für eine weitere Kriminalisierung. Vielmehr ist es so, dass der klinische Befund zumeist auf Stress zurückzuführen ist, auf traumatische Erlebnisse oder auch Gewalt. Auch Depressionen oder Angstzustände können ursächlich sein. Ferner Krampferkrankungen. Manche Studien gehen davon aus, dass sogar eine Mehrheit der Bevölkerung zumindest einmal im Leben in eine Situation kommt, die sich klinisch so beschreiben ließe.
Insgesamt ist aus Ihrer Frage aus meiner Sicht kein ausreichend schwerwiegendes Argument abzuleiten, um eine weitere Kriminalisierung zu begründen.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch