Frage an Dieter Wiefelspütz von Christian F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,
ich (deutscher Staatsbürger) habe in Irland einen Job gefunden und war daher in Deutschland nie arbeitslos, habe nie Transferleistungen in Anspruch genommen.
In Irland habe ich eine libanesische Frau kennegelernt und geheiratet, wir wohnten in Dublin zusammen und meine Frau hatte dort ebenfalls eine Anstellung.
Gelegentlich wollten wir meine Familie in Deutschland besuchen. Meine Frau ist als Libanesin in Deutschland zunächst visumspflichtig. Theoretisch nimmt Direktive 2004/38/EC meine Frau von der Visumspflicht aus, solange sie eine irische Aufenthaltsgenehmigung hat. Diese Regel ist den Behörden in weiten Teilen der EU jedoch unbekannt, so auch den deutschen Behörden.
Trotz Protesten bei Botschaften, der Kommission, dem AA in Berlin und dem EU-Petitionsausschuss wurden unsere Reiseprobleme nie gelöst, es reifte die Entscheidung dass wir wider Willen auf das Festland übersiedeln müssen um wirklich "frei" zu sein.
Dazu hätte ich sogar Arbeitslosigkeit in Deutschland auf mich genommen und unnötig die Sozialsysteme belastet, nur um frei reisen zu können.
Glücklicherweise hat uns die Schweiz davor bewahrt, wo ich nun mit meiner Frau im Schengen-Raum wohne, einen Job habe und endlich frei reisen kann.
Ich frage mich ob die Visumsvergabe in Irland/UK, sowie das nicht korrekte Umsetzen der Direktive 2004/38/EC nicht eher kontraproduktiv ist.
Meine konkrete Frage: Wäre es nicht sinnvoll Ehepartnern von EU-Bürgern einen Ausweis auszustellen, der das problemlose Reisen innerhalb der gesamten EU ermöglicht um Missverständnisse ausschliessen zu können?
Gruss aus der Schweiz, Christian Funke
Sehr geehrter Herr Funke,
richtig ist, dass aus Nicht-EU-Staaten stammende Personen, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind und die im Besitz einer gültigen Aufenthaltskarte sind - sich also rechtmäßig in einem anderen EU-Staat aufhalten - von der Visumpflicht befreit sind. Das gilt zumindest dann, wenn es sich um Kurzaufenthalte handelt. Das ergibt sich aus Artikel 5 Abs. 2 S. 2 der RL 2004/38 EG. Das bedeutet, wie Sie zutreffend ausgeführt haben, dass diese Personen kein Visum benötigen, wenn sie ihre Ehepartner zu Familienbesuchen in einem anderen EU-Mitgliedstaat begleiten.
Gleichwohl halte ich es nicht für möglich, Ehepartnern von EU-Bürgern den von Ihnen vorgeschlagenen Ausweis auszustellen, der das Reisen innerhalb der gesamten EU ermöglicht. Das würde an der Kompetenzordnung der Europäischen Gemeinschaft scheitern. Die Gemeinschaft hat eine Kompetenz, die Freizügigkeit von Unionsbürgern und ihren Angehörigen, und damit auch deren Einreise und Aufenthalt, zu regeln. Das betrifft aber nur Voraussetzungen und Bedingungen dieses Aufenthaltes. Die darauf beruhende Erteilung des Aufenthaltstitels bzw. die Ausstellung der Aufenthaltskarte obliegt nach wie vor dem jeweiligen Mitgliedstaat, in den eingereist wird. Das steht in Übereinstimmung mit der Kompetenzordnung, wie sie der EG-Vertrag (i.F.: EG) in diesem Zusammenhang vorgibt: Art. 18 Abs. 1 EG regelt die Unionsbürgerschaft. Abs. 2 desselben Artikels gibt der Gemeinschaft eine umfassende Kompetenz, sämtliche Regelungen zu erlassen die erforderlich sind um die Unionsbürgerschaft und die daraus folgenden Rechte zu verwirklichen. Doch hiervon gibt es in Abs. 3 eine eine Ausnahme:"Absatz 2 gilt nicht für Vorschriften betreffend Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente (...)".
Wenn es also im Einzelfall Probleme mit der Einreise gibt, kann dies nicht durch die Schaffung eines neuen Ausweises geschehen. Vielmehr müssen die Betroffenen, sofern die Einreiseverweigerung rechtswidrig ist, vor einem Gericht klagen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB