Frage an Dieter Wiefelspütz von Kurt F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,
Sie werden ja nicht müde, unseren Rechtsstaat zu loben. Allerdings frage ich mich bzw. Sie, was uns dieser Rechtsstaat nutzt, wenn sich der Staat nicht an seine eigenen Regeln hält. Im Fall des sog. Holzklotzmörders wurden TK-Verbindungsdaten von über zehntausend Bürgern abgefragt! Wie Sie ja wissen hat das BVerfG in einer früheren Entscheidung festgestellt, dass ein solch erheblicher Grundrechtseingriff nur zulässig ist, wenn ein KONKRETER Tatverdacht vorliegt.
Im Fall des Holzklotzmörders waren die Ermittlungsbehörden offenbar der Meinung, es sei schon ein hinreichend konkreter Tatverdacht, im Umkreis von 2 Kilometern und in einem Zeitraum von 5 Stunden um die Tat herum telefoniert zu haben. Teilen Sie diese Einschätzung? Falls ja, gehen Sie mit mir konform, dass dann jeder Bürger grundsätzlich und immer unter Tatverdacht steht, sofern er theoretisch an einem beliebigen Tatort hätte sein können? Unschuldsvermutung?
Zur Verdeutlichung: Jetzt gerade wird zwei Straßenzüge weiter vielleicht gerade ein Verbrechen verübt, Herr Wiefelspütz. Und Sie sind unzweifelhaft in der Nähe! Wären Sie mit einer Hausdurchsuchung aufgrund dieses konkreten Tatverdachts einverstanden?
Ernstzunehmende Studien haben belegt, dass Richter praktisch alles unterschreiben, was ihnen von den Ermittlungsbehörden vorgelegt wird. Da sich auch nach Jahren nichts daran geändert hat, scheint die einzige Lösung zum Schutz der Grundrechte der Bürger zu sein, dass Richter künftig mit empfindlichen Strafen rechnen müssen, wenn sich im Nachhinein die Unrechtmäßigkeit ihrer Anordnungen erweist.
Solange Fehlleistungen aber ohne Konsequenzen bleiben, wird im deutschen Rechtssystem der Zweck immer die Mittel heiligen. Der Richtervorbehalt soll den Bürger vor staatlicher Willkür schützen. Es erweist sich aber, dass dieser Schutz auch nicht ansatzweise funktioniert. Werden Sie im Sinne des Rechtsstaates irgendetwas unternehmen, damit sich das ändert? Und was?
mfg Kurt Felgendreher
Sehr geehrter Herr Felgendreher,
von Rechtsstaatlichkeit glaube ich wirklich etwas zu verstehen. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir im gegenwärtigen Deutschland über den weltweit qualifiziertesten Rechtsstaat verfügen. Das schließt nicht aus, daß auch in unserem Land immer wieder gerungen wird, was im Rechtsstaat geht und was nicht geht.
Den Holklotz-Fall kenne ich nur aus den Medien. Ich stelle keine Ferndiagnose. Das halte ich für unseriös.
Wenn Sie oder ich in der Nähe des Tatortes eines Verbrechens angetroffen werden, müssen Sie oder ich mit Ermittlungen rechnen. Das halte ich für selbstverständlich. Polizei und Staatsanwaltschaft werden so professionell arbeiten, daß sich schnell herausstellt, ob sich ein Tatverdacht erhärtet.
Freilich, absolute Sicherheit gibt es nie. Auch in einem hochentwickelten Rechtsstaat sind bei Polizei oder Justiz Irrtümer möglich. Polizei und Justiz haben in Deutschland eine so hohe Qualität, daß die Fehlerquote sehr gering ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB