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Dieter Wiefelspütz
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Frage von Friedrich H. •

Frage an Dieter Wiefelspütz von Friedrich H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,

Sie schrieben am 4.4.2008 Herrn Felgendreher u.a. : "...Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte ein deutsches Parlament das Grundgesetz vorsätzlich oder zumindest fahrlässig verletzt hätte..."

Diese vollmundige Behauptung ist formal richtig - aber völlig wertlos!
Verletzungen des Grundgesetzes stellt das Bundesverfassungsgericht immer erst nachträglich auf Klageantrag fest. Das geschah sogar in der allerjüngsten Zeit mehrfach (Lauschangriff, Flugzeugabschuss ...) Aber wer könnte dem Parlament als ganzem nachweisen, vorsätzlich oder fahrlässig eine "Verletzung" herbeigeführt zu haben. Man dehnt einfach das Grundgesetz immerfort, bis es einem passt.

Ich möchte Sie jedoch um eine Stellungnahme zu einer meiner Meinung nach wirklichen Grundgesetzverletzung bitten. Es geht um die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften.
Es heißt in Art 138 der Weimarer Reichsverfassung: Die Auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf."

Dieser Satz steht seit 1949 in Art. 140 unseres Grundgesetzes - aber kein einziger Bundestag ist dieser ausdrücklichen Weisung gefolgt. Im Gegenteil, viele der Länder haben sogar in ihren Staatsverträgen und Konkordaten neue Staatsleistungen etabliert.

Fragen an Sie:
1. Sehen Sie in der Nichterfüllung dieser grundgesetzlichen Weisung eine Verletzung des Grundgesetzes?

2. Ist es nach einer fast 60-jährigen Nichtbeachtung dieser ausdrücklichen Bestimmung gerechtfertigt zu behaupten, dass es sich hier um "vorsätzliches" Handeln seitens der jeweiligen Bundestage handelt?

3. Was werden Sie tun, um dem Grundgesetz an dieser Stelle zu seinem Recht zu verhelfen?

Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Halfmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Halfmann,

Art. 138 Abs. 1 WRV begründet einen verfassungsrechtlichen Auftrag für den Bund, ohne aber eine Sanktion für das Untätigbleiben zu enthalten, so daß die Entscheidung zur Ablösung der Staatsleistungen letztlich der politischen Opportunität unterliegt.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Position, die seit 1949 im Deutschen Bundestag mit breitester Mehrheit eingenommen wird, in absehbarer Zeit geändert wird. Ich werde das jedenfalls nicht tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB