Frage an Dieter Wiefelspütz von Daniel M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Wiefelspütz,
Ein wenig bekannter Umstand ist, daß das Grundgesetz selber sagt, daß es weder eine Verfassung ist, noch vom Deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen und in Kraft gesetzt wurde. Deutschland besitzt also nach wie vor keine Verfassung, 18 Jahre nach der Einheit und über 60 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges
Art. 146 [Geltungsdauer des Grundgesetzes]
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Eine Demokratie lebt vom Willen des Volkes, wie es in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG zu lesen steht. Doch wie soll das funktionieren, wenn keine vom Volke beschlossene Verfassung existiert?
Wann hat je das gesamte deutsche Volk Gelegenheit gehabt, in freier Entscheidung eine Verfassung zu beschließen und wieso wird es nicht im Bundestag thematisiert?
Herzlichst
Musiol
Sehr geehrter Herr Musiol,
selbstverständlich ist das Grundgesetz eine Verfassung. Was denn sonst?
Ich kenne in Deutschland keinen Staatsrechtler, der Ihre Auffassung teilt.
Das Grundgesetz ist in den Jahren 1948/49 auf ungewöhliche Weise entstanden. Das Grundgesetz wurde von den Volksvertretungen der Länder angenommen und ist dadurch hinreichend demokratisch legitimiert.
Das Grundgesetz hat sich als deutsche Verfassung bewährt wie keine ihrer Vorgängerinnen.
In einem wissenschaftlichen Großkommentar zum Grundgesetz heißt es:
"Die deutsche Bevölkerung verbindet mit dem Grundgesetz Stabilität der rechtlichen Grundlagen des Staates, die weithin anerkannt sind und integrierend wirken."
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB