Frage an Dieter Wiefelspütz von Roland A. S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,
in einer Antwort an Frau Weber vom 30.09.2007 bezeichnen sie das Urteil des BVerwG: BVerwG 2 WD 12.04 als "skandalös". Weil mich Ihre Antwort irritiert hat und ich Sie als Rechtspolitiker eigentlich schätze, habe ich mir das Urteil in voller Länge ausgedruckt und aufmerksam gelesen.
In kann in keiner Weise erkennen, warum die Richter Prof. Wiedmann und Dres. Frentz und Deisenroth hier ein Fehlurteil gesprochen haben sollen.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit besonders auf die Urteilsgründe 5 a) - 5e) lenken - ich meine, diese sind von einer Evidenz, die kaum zu überbieten sein dürfte.
Kurz zusammengefaßt: Ein Soldat der Bundeswehr beruft sich auf seine Gewissensfreiheit, weil er meint im Rahmen eines Bundeswehreinsatzes den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA auf den Irak durch seinen AWACS-Luftüberwachungseinsatz zumindest mitunterstützen zu müssen. Die Richter des BVerwG bestätigen dem Soldaten, dass er zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des möglichen Einsatzes haben durfte.
Skandalös ist doch dann eher, dass die Regierung Schröder auf der einen Seite den Irakkrieg als falsch und illegal bezeichnet, auf der anderen Seite aber den kriegführenden Staat durch, wenn Sie so wollen, Hilfsleistungen der Bundeswehr unterstützt!
Wie können Sie diesen Widerspruch auflösen und was bringt Sie dazu, die mutige und lobenswerte Entscheidung des hohen Gerichts als falsch und skandalös zu bezeichnen?
MfG,
Roland A. Schneider
Sehr geehrter Herr Schneider,
"wäre das Urteil richtig, könnte jeder Soldat – sei es Wehrpflichtiger, Zeit- oder Berufssoldat – ohne weiteres Verfahrens allein durch die Berufung auf sein Gewissen gegenüber praktisch jedem Befehl einwenden, dessen Ausführung verstoße gegen sein Gewissen, so dass ihm eine gewissensschonende Alternative eröffnet werden müsste; eine solche Überdehnung des Schutzbereichs der Gewissensfreiheit stellte eine unmittelbare Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands dar und wäre mit der Entscheidung des Grundgesetzes für die Aufstellung von Streitkräften unvereinbar. Legte man die Dogmatik des Urteils zu Grunde, ließe sich die deutsche Rechtsordnung praktisch nicht mehr durchsetzen, weil jede vom Staat verfassungsgemäß begründete Rechtspflicht unter Gewissensvorbehalt stünde; über dessen Reichweite entschieden nicht die demokratisch legitimierten und rechtsstaatlich gebundenen Staatsorgane, sondern jeder einzelne Grundrechtsträger."
Das vorstehende Zitat entnehme ich einem Thesenpapier des Staatsrechtslehrers Prof. Dr. Joachim Wieland. Es gibt exakt meine Überzeugung wieder. Ich halte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für skandalös falsch.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz