Frage an Dieter Wiefelspütz von Sven B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,
im sog. Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Dezember 1983 (AZ. 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83) wird festgestellt, dass der Datenschutz eine grundlegende Vorraussetzung für einen mündigen Wähler ist, der unvoreingenommen seinen demokratischen Rechten und Pflichten nachkommen kann.
"Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist."
Wie kann man angesichts eines solchen Urteils die Vorratsdatenspeicherung für gut heissen? Die Vorratsdatenspeicherung hindert den Bürger an freier politischer Entfaltung, da er niemals sicher sein kann das "abweichendes" Verhalten nicht negativ für ihn ausgelegt wird.
Die Argumentation "Terrorismus" halte ich für absolut unzutreffend, die Angst vor Terrorismus ist heute ein gefährliches Mittel der Politik um nach belieben Grundrechte einschränken zu können, nichts weiter. Wie viele Menschen sind denn in Deutschland in den letzten 10 Jahren durch Terrorismus gestorben? Es sterben jedes Jahr zehntausende Menschen an den Folgen von Alkohol, Tabak und Strassenverkehr, würde man hier in gleicher Weise reagieren so müssten all diese Dinge bereits verboten sein.
Ein gewisses Restrisiko lässt sich niemals vermeiden, ich sehe es nicht ein meine Grundrechte zu opfern nur weil von Herrn Schäuble und Co. massiv Ängste geschürt werden. Die Gefahr vom Blitz getroffen zu werden ist grösser als Schaden durch Terror zu erleiden. Der Schaden an der Freiheit ist grösser als der Nutzen der VDS.
MfG.
Sven Borkert
Sehr geehrter Herr Borkert,
Sie werden hinnehmen müssen, daß der Gesetzgeber in Sachen Vorratsdatenspeicherung anderer Meinung ist als Sie. Vorratsdatenspeicherung hat mit Terrorismusbekämpfung relativ wenig zu tun. Ich wäre für die Vorratsdatenspeicherung auch dann, wenn es überhaupt keinen Terrorismus gäbe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz