Frage an Dieter Wiefelspütz von Maria W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort auf meine Anfrage v. 30.09.
Sie halten das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig zur Gewissenfreiheit für Soldaten für "skandalös falsch". Verstehe ich Sie dahingehend richtig, dass sie - als Jurist - der Auffassung sind, eine höchstrichterliche Entscheidung nicht anzuerkennen brauchen?
Ist es richtig, dass sie die Konsequenz, die hieraus folgt unseren Rechtsstaat nicht akzeptieren bzw. vielleicht sogar verändern wollen?
Sie argumentieren in ihrem Antwortschreiben bzgl. der Anfrage von Herrn Jacobsen, dass sie das Recht haben, bei einer Entscheidung von ihrer Gewissensfreiheit Gebrauch machen zu können. Wollen sie das gleiche Recht unseren Bundeswehrsoldaten nicht zubilligen?
Akzeptiert man hingegen die Gewissensfreiheit der Soldaten und damit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, so kann es in der Tat nur heißen: "Holen wir unsere Soldaten nach Hause".
Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Weber
Sehr geehrter Frau Weber,
die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland sind an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden.
Selbstverständlich bin ich nicht an ein skandalös falsches Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gebunden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bindet lediglich die an dem Rechtsstreit Beteiligten. Der Soldat der Bundeswehr ist zu treuem Dienen verpflichtet. Gewissensfreiheit des Soldaten kann auf gar keinen Fall heißen, daß er einen dienstlichen Befehl daraufhin prüft, ob er ihm paßt oder nicht paßt oder politisch für richtig oder für falsch hält. Soldaten sind an Recht und Gesetz, insbesondere auch an das Völkerrecht gebunden. Ich kenne in der bundesdeutschen Geschichte keinen einzigen Fall, in dem einem Soldaten von dem Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt ein evident rechtswidriges bzw. völkerrechtswidriges Verhalten abverlangt worden wäre. Wenn ein Berufssoldat sich nicht mehr mit dem durch das Grundgesetz vorgesehenen Auftrag der Bundeswehr und der Konkretisierung dieses Auftrages durch den vom Grundgesetz vorgesehenen Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt identifizieren kann, muß er den Dienst quittieren.Ein Feuerwehrmann, der meint selber entscheiden zu dürfen, welches Feuer er löscht, wird nicht lange bei der Feuerwehr bleiben dürfen. Auch die Berufung auf sein Gewissen hilft ihm dabei nicht weiter.Im Übrigen: Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes gilt nur für Abgeordnete des Bundestages, für niemanden sonst.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz