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Dieter Wiefelspütz
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Frage von Michael B. •

Frage an Dieter Wiefelspütz von Michael B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort - die mich aber sehr erstaunt.

a) Na sicher befinden wir uns im Krieg. Dieser Krieg heißt "GWOT" (Global War on Terror), wurde von den USA ausgerufen und soll 100 Jahre dauern (Auskunft Minister Rumsfeld). Da der NATO-Bündnisfall 2001 ausgerufen wurde beteiligt sich auch Deutschland an diesem Krieg. Sowohl in Afghanistan (mehr aktiv, als Schutztruppe und für den Wiederaufbau, aber auch mit Tornados für Aufklärung und Vorbereitung von Angriffen) als auch in Irak (dort eher passiv, durch Gewährung von Stationierung, Überflugrechten usw., was aber, von der Politik ignoriert, von höchsten Verwaltungsgerichten als unvereinbar mit unserer Verfassung gebrandmarkt wurde). Und übrigens, das noch dazu nebenbei, operiert ja Herr Schäuble ständig mit Feindstrafrecht, und das gibt es nur für den und im Krieg.

b) Natürlich ist vollkommen richtig: "Entscheidend sind letztlich nicht die Gesetze, sondern die Menschen, die in unserem Land leben", wie Sie schreiben, und daher kommt ja auch das: "Absolute Garantien gibt es freilich nicht". Gerade drum ist aber unsere Verfassung, besonders im Gedenken des 3. Reiches, ja so wie sie ist. Und deshalb nochmal die Frage: Fühlen Sie sich wirklich wohl, wenn unsere Verfassung geschleift worden sein wird, und ein paranoider Sicherheitsstaat errichtet ist, und all diese Instrumente (Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung... etc.) dann in den Händen Ihres schlimmsten politischen Alptraumes sind - wenn Sie das mitgeholfen haben zu errichten? Denn DAS ist der Prüfstein, und DESHALB ist die Verfassung wie sie ist.

Bitte verstehen Sie mich recht, ich bin unbedingt überzeugt von IHRER Integrität und Rechtschaffenheit. Ich glaube aber, dass Sie (und andere) derzeit in bester Absicht und Gesinnung das absolut Schlechte erschaffen: einen innenpolitischen Alptraum, der zu unser aller schlimmsten Nachteil ausgenutzt werden WIRD.

Hochachtungsvoll,
Michael Böhm

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Böhm,

ich lehne den Begriff "war on terrorism" ab. Das ist ein politischer Kampfbegriff mit fatalen Folgen. Deutschland befindet sich nicht im "Krieg gegen den Terrorismus". Wir bekämpfen Terrorismus in erster Linie mit den Mitteln des Strafrechts, des Polizeirechts und der internationalen justiziellen Zusammenarbeit. Terrorismus wird niemal allein mit militärischen Mitteln zu besiegen sein.Deutsche Soldaten sind an der Operation Enduring Freedom beteiligt. Diese von den USA geführte Operation ist keine NATO-Operation, auch wenn seinerzeit der NATO-Bündnisfall festgestellt wurde. Rechtsgrundlage für diese militärische Operation ist Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen.Den Irak-Krieg der USA halte ich für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Art. 25 und 26 des Grundgesetzes verbieten eine deutsche Beteiligung. Die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem NATO-Truppenstatut durch deutsche Stellen erfüllt nach meiner Überzeugung nicht die Tatbestand der (strafbaren) Beihilfe zu einem Angriffskrieg.Es ist nach meiner Überzeugung maßlos übertrieben, von der Errichtung eines "paranoiden Sicherheitsstaats" in Deutschland zu sprechen. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein außerordentlich entwickelter Rechtsstaat. Vielleicht übertreiben wir an der einen oder anderen Stelle sogar ein wenig. In kaum einen Land gibt es so viele Richter wie in Deutschland. Ich habe diesen Beruf selber ausgeübt. In mancherlei Hinsicht sind wir ein Richter- und Rechtswegestaat. Auch ein Bundesinnenminister kann kein "Feindstrafrecht" einführen. Letztlich ist aber auch ein hoch entwickelter Rechtsstaat nicht mehr wert als die Menschen, die ihn tragen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz