Frage an Dieter Wiefelspütz von Jürgen S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,
da sich die politischen Auseinandersetzungen zur Online-Überwachung in den letzten Tagen zugespitzt haben und heute bei Spiegel Online sogar zu lesen war, dass Herr Schäuble (angeblich zeitlich begrenzt) Online-Überwachungen ohne Richtervorbehalt anstrebt, stellt sich die Frage, was Sie als Sicherheits- und Rechtsexperte der SPD von dieser Idee halten, die meiner Ansicht nach den Einstieg in die Schaffung einer geheimen Staatspolizei bedeutet?
Immerhin soll Herr Struck sich in diesem Zusammenhang lt. Spiegel darüber empört haben, dass Herr Schäuble hinter den Kulissen versucht haben soll, speziell Sie als Sicherheitsexperten der SPD auf seine Seite zu ziehen. Daher liegt die vorstehende Fragestellung m.E. auf der Hand! An anderer Stelle Ihrer Antworten bei Abgeordnetenwatch zum Thema haben Sie sinngemäß immerhin deutlich gemacht, dass für Sie neben der Sicherheit der Bürger deren Freiheit ein sehr hohes Gut sei, der Wert der Freiheit aber noch über dem der Sicherheit stünde, was meine Zustimmung findet. Wie verträgt sich diese Ihre Äußerung mit den Befürchtungen von Herrn Struck?
Ferner würde mich interessieren, ob es gegenwärtig bereits Strafbestimmungen für den Fall gibt, dass - entgegen aller Dementis - gleichwohl bereits rechtswidrig unbemerkt PC-Online-Überwachungen stattfinden und lediglich eine (nachträgliche) Legalisierung angestrebt wird? Nach meiner Kenntnis ist mit technischen Mitteln bereits heute faktisch eine Ausweitung der Kommunikationsüberwachung über den Telefonverkehr hinaus, auch auf den Datenverkehr unbemerkt für Dritte möglich (Sina-Boxen neben Imsi-Catchern bei den Providern) und wird zudem interessanterweise argumentativ in Interviews bereits auch zur Rechtfertigung für PC-Online-Überwachungen ins Feld geführt
(a majore ad minus ?) .
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Stutz
Sehr geehrter Herr Stutz,
wenn Sie eine Frage an Herrn Dr. Struck haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Struck. Es wird in Deutschland keine "geheime Staatspolizei" geben. Wir haben auf der Bundesebene eine Bundespolizei, ein Bundeskriminalamt, ein Bundesamt für Verfassungsschutz - eigenständige Behörden mit unterschiedlichen Aufgaben und mit jeweils gesonderten gesetzlichen Grundlagen und Befugnissen. Dabei wird es bleiben. Es ist gegenwärtig völlig ungeklärt, ob es bei der Online-Durchsuchung - wollte man sie gesetzlich regeln - überhaupt zu Eilfällen kommen kann. Online-Durchsuchungen finden weltweit statt. In Deutschland sind diese Maßnahmen nicht erlaubt, weil es keine Rechtsgrundlage gibt. Ich bin mir sehr sicher, daß deutsche Behörden das geltende Recht einhalten. Ich bin mir nicht sicher, daß andere Personen oder Einrichtungen ebenso gesetzestreu sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Wiefelspütz