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Dieter Wiefelspütz
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Frage von Bettina W. •

Frage an Dieter Wiefelspütz von Bettina W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Wiefelspütz,

in der Sendung "Hart aber Fair" sagten Sie, dass ""Es gibt auch auf der Festplatte des Computers ein Schlafzimmer, das niemanden etwas angeht, sofern auf dem Computer keine Kinderpornographie gespeichert ist.""

Dies sagten Sie in Bezug auf die momentan diskutierte umstrittene heimliche Onlinedurchsuchung, welche Sie für notwendig halten.

Beim obigen Zitate fragte ich mich folgendes:
a) sofern es einen Verdacht darauf gibt, dass sich auf einem Rechner Kinderpornographie befindet (Besitz und Verbreitung ist strafbar), welche von diesem Rechner aus verbreitet wird dürfte es möglich sein, auf Grund dieses Verdachtes (begründet) eine richterliche Anordnung zur Konfiszierung zu erhalten, so dass es einer heimlichen Onlinedurchsuchung nicht bedarf
b) um ohne einen Verdacht zu erfahren ob sich auf einem Rechner Kinderpornographie befindet müssen zwangsläufig auch die "virtuellen Schlafzimmer" durchsucht werden - insofern lässt sich die obige Aussage nicht halten

Mir ist nicht ganz klar, wofür es somit einer heimlichen Onlinedurchsuchung in dem von Ihnen angegebenen Falle bedarf. Bei einem begründeten Verdachte wird man den Rechner konfiszieren können und ohne einen begründeten Verdacht gibt es keinerlei Grund, den Rechner überhaupt anzusehen.

Will man jedoch im Zuge einer heimlichen Onlinedurchsuchung feststellen ob sich auf einem Rechner Kinderpornographie befindet, so muss man automatisch auch den Kernbereich der privaten Lebensführung /(Tagebücher etc.) antasten um zu bewerten, was dazu gehört oder nicht.

Seien Sie bitte so nett und erläutern kurz wofür genau in diesem Zusammenhang die heimliche Onlinedurchsuchung notwendig ist.

Danke im Voraus

Twister (Bettina Winsemann)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Winsemann,

ich habe mich inzwischen an sehr vielen auch für Sie leicht zugänglichen Stellen zur Online-Durchsuchung geäußert.

Nach meiner Überzeugung gibt es für die Online-Durchsuchung in keinem Rechtsbereich gegenwärtig eine ausreichende Rechtsgrundlage. Ich meine, daß ich die Bundesregierung inzwischen von der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung überzeugt habe.

Im Klartext: Nach meiner Auffassung dürfen Online-Durchsuchungen gegenwärtig nicht stattfinden.

Freilich setze ich mich für die Schaffung einer rechtsstaatlich sauberen Rechtsgrundlage ein. Die Überlegungen für eine solche Rechtsgrundlage haben allerdings erst begonnen. Die Hürden für eine Online-Durchsuchung müssen außerordentlich hoch sein, weil die Online-Durchsuchung heimlich stattfindet und - besonders wichtig - der Kernbereich privater Lebensgestaltung vor dem Zugriff der Polizei oder der Nachrichtendienste absolut zu schützen ist. Das ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten großen Lauschangriff. Wie das "Schlafzimmer" auf der Festplatte geschützt werden kann, weiß ich gegenwärtig noch nicht. Ich habe an dieser Stelle gegenwärtig mehr Fragen als Antworten. Eine verfassungsmäßige Rechtgrundlage muß dieses Problem aber überzeugend lösen.

Die Online-Durchsuchng kann - wenn überhaupt - nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Sie kann aber aus ermittlungstaktischen Gründen bei schweren Verbrechen oder großen Gefahren notwendig sein. Sicherlich kommt in diesen Fällen immer auch die Beschlagnahme der Festplatte in Betracht. Daten können aber unter Umständen schnell gelöscht worden sein. Der Täter erfährt außerdem durch eine Beschlagnahme von der Ermittlung. Das kann einen weiterreichenden Ermittlungserfolg gefährden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter Wiefelspütz