Frage an Dieter Wiefelspütz von Frank L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,
am 28.02.2013 haben Sie sich in der Bundestagsdebatte zum Gesetzentwurf der Partei DIE LINKE (Drs. 17/8791) zur Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften sehr verwundert über die Existenz des diesem Antrag zugrunde liegenden Verfassungsgebots gezeigt. Gleichzeitig hatten Sie aber betont, dass der Verfassungsauftrag in diesem Punkt unmissverständlich und verbindlich sei.
Trotzdem wurde nun, wie ich hörte, der Antrag im Innenausschuss mit den Stimmen der SPD abgelehnt.
Hieraus ergeben sich für mich folgende Fragen:
1. Wie haben Sie persönlich im Innenausschuss mit welcher Begründung abgestimmt?
2. Welche persönliche Meinung vertreten Sie unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung im Innenausschuss zu der geforderten Ablösung der Staatsleistungen?
3. Ist Ihnen bekannt, dass weite Teile der (säkularen) Bevölkerung die fortgesetzte Zahlung an Religionsgemeinschaften als unangemessen, ungerecht, unbegründet [sic!] und somit nur noch als nicht zu rechtfertigendes Privileg ansieht?
4. Sehen Sie nicht auch, dass hier ein klarer Verfassungsauftrag vorliegt, dessen weitere Missachtung nur das Vertrauen in Politik und Demokratie (!) beschädigen wird?
Vielen Dank und freundliche Grüße
Frank Lorenz
Sehr geehrter Herr Lorenz,
für Ihre Mail danke ich Ihnen.
Möglicherweise haben Sie die Debatte über den Wegfall der Staatsleistungen an Kirchen missverstanden. Dass ein unmissverständlicher Verfassungsauftrag seit Jahrzehnten nicht befolgt wird, wird nach meiner Wahrnehmung im Deutschen Bundestag nicht ernstlich bestritten. Gestritten wird über den Weg. Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass der Deutsche Bundestag vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Praxis der Nichtbefolgung eines Verfassungsauftrages in der Lage wäre, in den wenigen verbleibenden Monaten dieser Wahlperiode eine überzeugende Lösung zu erarbeiten. Der allenfalls gutgemeinte Antrag der Fraktion DIE LINKE ist inhaltlich nicht überzeugend und wurde deshalb mit breiter Mehrheit abgelehnt.
Damit ist das Thema allerdings nicht von der politischen Agenda verschwunden. Ich bin der Auffassung, dass wir den Diskussionsprozess fraktionsübergreifend vorantreiben müssen. Allerdings müssen die Bundesregierung, die Bundesländer und insbesondere die Kirchen in einen zielführenden Diskussionsprozess einbezogen werden. Für mich ist die Ablösung der Staatsleistungen ein so gewichtiges Thema, dass es in jeder denkbaren Koalitionsvereinbarung nach der nächsten Bundestagswahl seinen Niederschlag finden müsste.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Wiefelspütz