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Frage von Rüll A. •

Frage an Dieter Hilser von Rüll A. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Hilser,

ich bin Eigentümer eines Zweifamilienhauses in Kerpen-Manheim. Dieser Ort wird im Rahmen des Rhein-Braun-Tagebaus umgesiedelt. Beginn sollte der 01.04.2012 sein und der Umsiedlungszeitraum beträgt 10 Jahre. Ich bin heute 59 Jahre alt. Sollte ich ein Ersatzgrundstück zur Bebauung am Umsiedlungsort wählen, so hätte ich mit einer Bautätigkeit von 10 Jahren am Umsiedlungsort in der neuen Ortnachbarschaft zu rechnen und die "Grunderwerbsteuer" würde von der RWE getragen. Verbliebe ich bis ende des Umsiedlungszeitraums am Altort, so hätte ich mit dem Wegzug der Nachbarschaft und dem Rückbau des Ortes zu rechnen.

Hierzu hab ich zwei Fragen:
a) Sollte ich ein Grundstück/Gebäude an einem anderen Ort in NRW als dem Umsiedlungsort kaufen wollen, so müsste ich 5% Grunderwerbsteuer an das Land NRW zahlen. Die gesamte Umsiedlung durch die RWE liegt im "öffentlichen Interesse". Gäbe es für einen solchen Vorgang eine Grunderwerbsteuer-Befreiung oder -Minderung oder Übernahme durch Dritte?

b) Bei den Entschädigungen durch die RWE erhalte ich keine "moralische" Entschädigung für die Belastungen, die ich hatte/ habe und haben werde, unabhängig meiner Umsiedlungsentscheidung. Wie ist eine "moralische" Belastungsentschädigung als monetäre Entschädigung zu werten?

Mit freundlichen Grüßen

Anton Rüll

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rüll,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne beantworte ich die von Ihnen gestellten Fragen.

1. Sie fragen, ob es eine Grunderwerbsteuer-Befreiung oder -Minderung oder Übernahme durch Dritte auch dann gibt, wenn neues Eigentum außerhalb des Umsiedlungsortes erworben wird.
Die Antwort lautet kurz zusammengefasst: nein.

Für die Befreiung Grunderwerbsteuer gibt es im Grunderwerbsteuergesetz detailliert definierte Fälle. Ein Bezug zu Umsiedlungen lässt sich daraus nicht herstellen. Das von Ihnen angesprochene „öffentliche Interesse“ ist bei der Grundsteuer von Bedeutung: Grundsteuer ist für Grundbesitz zu erlassen, wenn seine Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt. Dieses ist aber in dem von Ihnen geschilderten Fall nicht zutreffend.
In Kenntnis dieser Rechtslage hat sich das Bergbau treibende Unternehmen nach mehrjährigen Verhandlungen bereit erklärt, unter bestimmten Voraussetzungen neben den Entschädigungszahlungen zusätzliche Leistungen am Ersatzgrundstück wie z.B. die Übernahme der Grunderwerbsteuer zu erbringen. Diese zusätzlichen Leistungen sind darauf ausgerichtet, die Umsiedler bei Teilnahme an der gemeinsamen Umsiedlung zu fördern. Die gemeinsame Umsiedlung im Sinne der Sozialverträglichkeit hat die größte Chance zum Erhalt der Dorfgemeinschaft. Sie hat darüber hinaus weitere mögliche Vorteile.
So kann der eigentliche Umsiedlungsvorgang wird auf einen relativ kurzen Zeitraum begrenzt werden. Die Aufteilung der Dorfgemeinschaft in „Frühumsiedler“ und „Nachzügler" wird so weit wie möglich vermieden. Die Lebensfähigkeit des alten Ortes kann bis kurz vor Abschluss der Umsiedlung erhalten werden. Die Planung für den neuen Standort kann spezifische Bedürfnisse und Wünsche der Bewohner berücksichtigen, weil sie von vornherein befragt und in die Entwicklung der Konzeption eingebunden werden können. Betriebe mit örtlichem Einzugsbereich können ihre Kundschaft "mitnehmen".

2 Sie fragen außerdem nach der „moralischen“ Belastungsentschädigung als monetäre Entschädigung.

Das Bergbau treibende Unternehmen RWE Power bietet den Umsiedlern, die Eigentümer eines Ein- oder Zweifamilienhauses sind, für den selbstgenutzten Teil des Hauses, im Fall einer einvernehmlichen Regelung im Umsiedlungszeitraum ein Gesamtpaket an. Es beinhaltet über die gesetzliche Verpflichtung des Verkehrswertes hinausgehende Zulagen und Nebenentschädigungen;
Über den Verkehrswert gemäß geprüftem Gutachten als gesetzliche Grundlage hinaus werden Zulagen und Nebenentschädigungen gewährt.

Zulagen:
- Differenz Verkehrswert zum festgestellten Sachwert für wirtschaftlich/funktionell genutzte Aufbauten und Außenanlagen
- Nichtabschreibung der Baunebenkosten
- Bodenbewertung gemäß den ortsspezifischen Regelungen
- Aufwuchs ausgerichtet auf Neuanlage des alten Gartens in handelsüblicher Ausführung, ggf. unter Anrechnung gesonderter Aufwuchsentschädigung (s. Kap. 5.1.4)
- Vorzeitige Kaufpreisauszahlung
Bezogen auf die Substanz am alten Ort soll mit der Entschädigung des Verkehrswertes und den vorgenannten Zulagen erreicht werden, dass die Umsiedler ein dem Altanwesen strukturell vergleichbares Neuanwesen - evtl. mit einer vertretbaren Eigenbeteiligung - errichten können.

Nebenentschädigungen:
- Beratungskostenpauschale gemäß den ortsspezifischen Regelungen
- Umzugskosten
- Umzugspauschale für Erschwernisse
- Ab- und Aufbau der Anbauküche und eingepasster Möbel incl. Anpassung
- Container (Bereitstellung durch RWE Power)
- Verlegung Telefonanschluss
- Kostenfreistellung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anwesens im alten Ort (Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten, Umschuldungskosten)

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der „Umsiedlerfiebel“ und den „Revierweiten Regelungen zur Umsiedlung im Rheinischen Revier“, die Sie bei der Bezirksregierung in Köln, Tel.: +49(0)221-147-2394 anfordern oder im Internet unter http://www.bezreg-koeln.nrw.de abrufen können.
Ich hoffe die Informationen helfen weiter und wünsche Ihnen für Ihre persönliche Zukunft alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Dieter Hilser