Frage an Detlef Matthiessen von Frank H. bezüglich Umwelt
Hallo Herr Matthiessen,
ist es zutreffend, dass Sie sich dafür einsetzen, dass ohne Berücksichtigung der sozialen und finanziellen Lage der Menschen, die ein eigengenutztes Eigenheim haben, in kürzester Zeit ihr Haus isolieren müssen?
Trifft es zu, dass Ihre Partei hierzu eine landeseigene Regelung anstrebt, in der verbindliche Wärmedämmkennziffern und Stichtage vorgesehen sein sollen?
Werden Sie, wie Sie es auf der Veranstaltung von Haus & Grund am 20.04.2012 in der Halle 400 in Kiel sehr deutlich dargestellt haben, die Menschen wirklich zwingend verpflichten wollen, ihr Haus ohne Rüchsicht der individuellen Lage isolieren zu müssen?
In Erwartung auf eine zeitnahen Rückmeldung verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Frank Hornschu
Sehr geehrter Herr Hornschu
Ihre Befürchtungen treffen nicht zu und -nach meiner Erinnerung habe ich mich bei der Diskussion mit Haus&Grund und Wohnungswirtschaft so auch nicht geäussert.
Zunächst die Frage, was steht im grünen Programm zur Landtagswahl?
"Erneuerbare Wärme für gut gedämmte Häuser
40 Prozent des gesamten Energieaufwandes werden in Schleswig-Holstein für die Beheizung von Gebäuden benötigt. Während beim Neubau von Gebäuden ein guter Wärmeschutzstandard inzwischen die Regel ist, sind viele Häuser im Bestand noch „alte Energieschleudern”. Deshalb wollen wir erreichen, dass deutlich mehr Gebäude des Altbaubestandes wärmetechnisch sach- und fachgerecht saniert werden.
Im Interesse des Klimaschutzes setzen wir uns für Maßnahmen gegen Wärmeverluste und eine stärkere Nutzung von erneuerbarer Wärme im Rahmen eines Landesgesetzes ein, solange kein Bundesgesetz gelingt."
Soweit das Programm. Auf Bundesebene sind vor allem zwei Gesetze einschlägig: Die EnEV [Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden] http://www.gesetze-im-internet.de/enev_2007/index.html und das Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich auch Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – Wärmegesetz 2011 [EEWärmeG] http://dejure.org/gesetze/EEWaermeG
Beide Gesetze regeln nur im Bereich Neubau bzw. Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude.
Damit ist der Bereich Neubau ordnungsrechtlich hinlänglich geregelt. Solche Gesetze sind genauso sinnvoll wie z.B. Feststigkeitsnachweise des Tragwerkes (Hausstatik). Insofern lehnen wir auch ordnungsrechtlichen Instrumente nicht ab.
Der größte Verbrauch an fossiler Energie zu Heizzwecken liegt jedoch im Gebäudebestand. Da wollen und müssen wir von der Politik her Antworten geben.
Hintergrund meiner Überlegungen ist dabei die Erwartung, dass wir auf eine Ölkrise zusteuern. Das wurde auch nochmals sehr deutlich bei meiner Veranstaltung "Ölwechsel" in der Reihe Energiepolitische Gespräche im Landtag am 22.März d.J. Eine Verteuerung von Öl oder gar seine Nichtverfügbarkeit kann Wohnungen unbenutzbar machen. Daher muss an erster Stelle die wärmetechnische Sanierung -Transmissionswärmeverluste und Haustechnik- stehen und zudem ein größerer Teil der Wärme aus erneuerbaren Energien stammen.
Daher habe ich bereits im Januar 2008, in Anlehnung an ein Gesetz der damals schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg, den Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung Erneuerbarer Wärmeenergie in Schleswig-Holstein (Erneuerbare - Wärme Gesetz - EWärmeG) im schleswig-holsteinischen Landtag eingebracht.
siehe auch http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl16/drucks/1700/drucksache-16-1791.pdf
Dieses fand keine Mehrheit und wurde daher nicht beschlossen.
Es sah eine Reihe von Befreiungen zur Nachrüstungspflicht vor, insbesondere in den von Ihnen angesprochenen Fällen.
" Die Verpflichtung entfällt, wenn .... 4. die zuständige Behörde auf Antrag von der Nutzungspflicht befreit, weil diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unverhältnismäßigen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führt."
Der Erfahrungsbericht aus B-W zeigt schon, dass das Gesetz wirksam war, aber dennoch nicht ein Durchbruch. Wir werden es daher in dieser Form nicht weiter verfolgen.
Stattdessen wollen wir uns auf Bundesebene für eine Förderung niedrigschwelliger Massnahmen einsetzen, z.B. Auswechseln von älteren Gläsern durch hochwärmedämmende bei Belassung des Fensterrahmens. Ausserdem müssen Programme wie barrierefreier Umbau und Wärmeschutz miteinander kombinierbar gemacht werden, um so Synergien zu erreichen.
Gute Erfahrungen haben wir auch durch freiwillige Zusammenschlüsse, z.B. Dämmgemeinschaft Damendorf, gemacht, die ähnlich einer Bürgerinitiative, sich gemeinsam um die wärmetechnische Sanierung ihrer Häuser kümmern. Das führt zu beachtlichen Kostenreduzierungen. Wir werden derartige Initiativen durch Beratung fördern.
Sehr geehrter Herr Hornschu, aus dem vorher Dargelegten wird deutlich, dass wir eine Strategie "Weg vom Öl" brauchen, wie ich es auch in der Diskussion in der Halle 400 unterstrichen habe.
Einen Königsweg gibt es dabei nicht, zumal die öffentlichen Kassen bei der bekannten Verschuldung ein üppiges Förderprogramm nicht erlauben. Da sollte man zumindest das Geld nicht für unsinnigen Strassenbau ausgeben. Bei der geplanten Autobahn A20 z.B. mit westlicher Elbquerung werden Milliarden für ein Verkehrsprojekte ausgegeben, die ihre Rentierlichkeit voraussichtlich nicht erreichen können, da bei Fertigstellung der Liter Diesel sehr teuer sein wird.
Diese Gelder sollten für die Förderung von Wärmeschutz bereitgestellt werden. Derzeit wird mit einer Rate gefördert renoviert, bei der wir das letzte Haus in 200 Jahren anfassen. Das ist offensichtlich unzureichend.
Ich danke für Ihr Interesse und stehe für ein vertiefendes Telefongespräch gerne zur Verfügung. Dienst: 0341-988-1511 und privat 04351-751205 oder senden Sie mir eine mail unter detlef.matthiessen@gruene.ltsh.de
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Matthiessen