Frage an Dennis Thering von Matthias F. bezüglich Verkehr
Guten Tag Herr Thering,
Ihren Äusserungen auf Ihrem Facebook-Profil entnehme ich dass Sie mit der Verkehrspolitik der rot-grünen Politik nicht sehr zufrieden Sind. Können Sie bitte Stellung dazu nehmen was ihre schärfsten Kritikpunkte sind und wie Sie sich die Verkehrspolitik für Hamburg und den Verkehr in Hamburg im allgemeinen vorstellen? Unterstützen Sie eine Verschiebung des Modal-Split weg vom privaten Kfz zu den anderen Fortbewegungmitteln und hätten Sie dort einen Schwerpunkt? Wie würden Sie arbeiten um Ihre verkehrspolitschen Ziele zu erreichen?
Mfg,
Matthias Fidorra.
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für Ihre interessanten Fragen. Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Ihre Fragen berühren einen Themenkomplex, der alle Hamburgerinnen und Hamburger jeden Tag unmittelbar betrifft. Denn so banal es klingen mag, Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Wird dieses nicht durch eine zielgenaue Verkehrspolitik bedient, kommen Ergebnisse, wie jüngst beim ADAC-Studie „Mobil in der Stadt“ zu beobachten, heraus.
Bezeichnend an den Studienergebnissen, und damit komme ich zu Ihren Fragen, ist, dass Fahrrad- und Autofahrer in Hamburg gleichermaßen unzufrieden mit der „Gesamtsituation“ sind. Dieser Befund mag auf den ersten Blick verwundern. Läuft es in der öffentlichen und politischen Debatte ja sehr oft darauf hinaus, der einen Gruppe etwas zu nehmen, um es der anderen zu geben. Die Verteilung des Straßenraums ist dafür das wohl bekannteste Beispiel. Diese Kannibalisierung der Verkehrsmittel untereinander ist nicht nur Gift für das Verkehrsklima in Hamburg, sie ist auch die traurige Konsequenz der Politik der letzten 6 ½ Jahre in Hamburg
Nehmen Sie die Park- und Stellplatzsituation. Obwohl die Zahl der in Hamburg gemeldeten Pkw seit 2011 um 50.000 auf mittlerweile fast 770.000 gestiegen ist, haben die beiden SPD-geführten Senate
- seit 2011 im Saldo weit über 2.000 öffentliche Parkplätze vernichtet und entgegen unseres ausdrücklichen Vorschlags (Drucksache21/399) nicht für einen Ausgleich in Tief- oder Quartiersgaragen gesorgt.
- im Juli 2014 die P+R-Gebühren eingeführt, wodurch in vielen Anlagen heute gähnende Leere herrscht und anders als mit der Gebühreneinführung versprochen statt 2.000 Stellplätzen mehr als Anfang 2014 (rd. 9.000) heute sogar weniger Plätze zur Verfügung stehen (8.600 offiziell, wovon allerdings über 900 aus Gründen der Flüchtlingsunterbringung nicht nutzbar sind).
- die Parkgebühren im Dezember 2016 auf einen Schlag um bis zu 66 Prozent erhöht.
Die Kombination all dieser Maßnahmen hat den Parkdruck extrem verschärft. Unmittelbare Folgen dieser fatalen Schwerpunktsetzung sind, neben zugeparkten Wohnstraßen, Parksuchverkehre, die die Umwelt belasten und die Umweltbelastung erhöhen.
Als CDU hier in Hamburg stehen wir nicht für eine Verkehrspolitik mit der Brechstange, sondern für eine mit Augenmaß. Statt durch Verbote und mit Zwang versuchen wir, die Menschen mit Angeboten und Anreizen von dem zu überzeugen, was Sie oben selbst andeuten: Zum Umstieg vom eigenen Pkw auf Busse und Bahnen. Diese sind das wahre Rückgrat der Mobilität in unserer Stadt. Deswegen war es äußerst erfreulich, dass die von uns bereits vor Jahren geforderte Fahrpreisbremse (Drucksache 21/1034) im laufenden Jahr erstmals gezogen wurde und die jährliche Steigerung der HVV-Preise erstmals seit 2011 unter der Inflationsrate liegt. Den Öffentlichen Personennahverkehr gilt es weiter zu fördern. Es reicht aber nicht aus, wie es der jetzige Senat bei der Planung der neuen U-Bahnlinie U5 und der neuen S-Bahnlinie S4 oder beim Ausbau der Elektromobilität macht, immer nur nach weiteren Bundesmitteln zu rufen, ohne sich zu konkreten und nennenswerten Eigenbeiträgen zu verpflichten.
Hamburg profitiert nämlich seit Jahren in besonderem Maße von Bundeszuschüssen. So werden alleine über den Bundesverkehrswegeplan in den kommenden Jahren zusätzlich 1,5 Milliarden Euro nur in den Ausbau der Autobahnen in Hamburg investiert. Bei solch gigantischen Summen erwarten wir dann aber auch, dass der Senat zumindest seine Hausaufgaben macht. Eine Baustellenkoordinierung, die ihren Namen verdient, gehört definitiv dazu. Dass Hamburg mittlerweile zusammen mit Stuttgart Stauhauptstadt in Deutschland ist, erleben alle Verkehrsteilnehmer täglich am eigenen Leib. Von jeder Stunde Fahrzeit verbringen Autofahrer in Hamburg rund 19 Minuten im Stau. Umgerechnet sind das im Durchschnitt 45 Staustunden je Einwohner pro Jahr. Menschen und die Volkswirtschaft leiden gleichermaßen unter dem Stauchaos.
Insbesondere nach den Sommerferien 2016 erlebte Hamburg ein Stauchaos historischen Ausmaßes. Hauptursache dafür waren, zahlreiche nicht abgestimmte und deswegen zeitgleich eingerichtete Baustellen an neuralgischen Punkten in Hamburg und kurz hinter der Landesgrenze. Mit unserem Antrag „Verkehrsinfarkt verhindern – Stau- und Baustellenkoordinator für die Metropolregion einsetzen und P+R-Gebühren abschaffen“ (Drs.21/6458) hatten wir daher, neben der Abschaffung der P+R-Gebühren, u.a. die Einrichtung eines „Baustellenkoordinators für die Metropolregion“ gefordert. Dieser sollte mit entsprechenden Kompetenzen, wie beispielsweise einem ständigen Vortrags- und Anhörungsrecht gegenüber den zuständigen Stellen, sowie ausreichenden personellen und finanziellen Planungskapazitäten ausgestattet werden. Der Antrag wurde von Rot-Grün abgelehnt. Doch statt endlich den Ernst der Lage zu erkennen und alles erdenklich Mögliche gegen den Status als „Staustadt“ zu unternehmen, hat sich Rot-Grün in den Weihnachtsferien 2016 mit einem PR-Gag begnügt und die Einrichtung einer „Stabsstelle Baustellenkoordination“ zu Jahresbeginn verkündet. In Wahrheit wurde dafür aber gerade einmal eine Person zusätzlich eingestellt und das ausgerechnet im Bereich „Öffentlichkeitsarbeit.“
Derlei Fehlleistungen erleben wir auch und gerade bei der Radverkehrsförderung. Als CDU haben wir 2008 nach toller Vorarbeit des „Fahrradforums“ die bis heute gültige Radverkehrsstrategie für Hamburg ins Leben gerufen. Aus dieser ging unter anderem das bundesweit geachtete und erfolgreiche Fahrradleihsystem „StadtRAD Hamburg“ hervor. An dieses „Erbe“ haben wir im Mai 2016 mit unserem eigenen Radverkehrskonzept angeknüpft, wobei wir in der laufenden Wahlperiode die einzige Fraktion sind, die ein solches Konzept vorgelegt hat. Statt die Fahrradfahrer mit ein paar Pinselstrichen durch Radfahr- und Schutzstreifen neben 40-Tonner auf Hauptverkehrsstraßen zu zwingen, haben wir bspw. einen Sonderfonds i.H.v. von 20 Millionen Euro zur Sanierung maroder Radwege (21/7127)) oder separate Fahrradschnellstraßen (Drucksache 21/7126) gefordert.
Dieser Vorschlag war sogar so gut, dass er nur zwei Monate später von der grün-roten Radverkehrskoordinatorin klammheimlich geklaut wurde. Wir arbeiten fest daran, dass noch weitere unserer Inhalte in die Verkehrspolitik der Stadt einfließen.
Herzliche Grüße
Ihr
Dennis Thering