Frage an Dennis Gladiator von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Gladiator!
Herr Ruesch weist auf die Probleme bei der Firma amazon und fragt, wie Sie im Hinblick auf Leiharbeit damit politisch umgehen wollen, Sie antworten:
"Letztendlich ist m.E. aber auch Amazon in der Pflicht, seine Partner in Bezug auf Leiharbeiter sorgfältig auszuwählen und zu gewährleisten, dass weder Lohn- noch Sozialdumping entsteht."
http://www.abgeordnetenwatch.de/dennis_gladiator-303-43552--f371686.html#q371686
Sie weisen auf die Pflicht der Arbeitgeber, nur sehe ich diese seit Jahren oft verletzt.
Nicht nur amazon ist ein Beispiel dafür - ich bin in 2012 via Zeitarbeit einer Bildungsagentur im regulären Unterricht einer Frankfurter Schule zu einem für Lehrer lächerlichen Lohn von 9 Euro /45 Minuten eingesetzt worden, ein m.E. trauriger deutscher Standard:
http://www.welt.de/wirtschaft/article109132916/Immer-mehr-Deutsche-verdienen-immer-weniger.html
1) Wie nahe sind Sie als sehr gut bezahlter Bundestagsabgeordneter (rund 100 000 Euro brutto Diät pro Jahr) überhaupt noch an der traurigen Realität vieler arbeitender Menschen in Deutschland?
2) Wissen Sie, wieviel Prozent der arbeitenden Menschen in Deustchland mit Niedriglöhnen unter 10 Euto brutto die Stunde abgespeist werden?
3) Drückt Ihr Zitat nicht mehr als nur eine vage Hoffnung aus, die durch die massive Unterbezahlung vieler arbeitender Menschen in Frage gestellt wird?
Sie schreiben in oben verlinkter Antwort:
"Ein vom "Staat" eingeführter Mindestlohn (auch in Höhe von 8,50 Euro) ist allerdings kein Allheilmittel. Es ist die Aufgabe der Tarifpartner diese auszuhandeln."
Zitat von Zeit online:
"Die Untersuchung zeigt darüber hinaus, dass Niedriglöhne nicht generell durch Tarifverträge verringert werden können. Bei tarifgebundenen Arbeitgebern etwa wurden laut der Studie 12 Prozent unterhalb der Niedriglohngrenze bezahlt."
http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-09/niedriglohn-statistik-bundesamt
4) Wie werten Sie diese Aussage?
Viele Grüße,
Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
ich freue mich, dass Sie meine Antwort auf die Fragen von Herrn Ruesch zum Anlass nehmen, um nachzufassen und tiefer in die Thematik Mindestlohn und Zeitarbeit einzusteigen.
Meine politischen Schwerpunkte liegen in den Bereichen der Kommunalpolitik und Feuerwehr, die ich als Fachsprecher meiner Landtagsfraktion verantworte. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass ich kein ausgewiesener Arbeitsmarktexperte bin.
Da mir die sach- und fachgerechte Beantwortung Ihrer Fragen sehr wichtig ist, möchte ich Sie bitten, sich für weitergehende Fragen in Bezug auf das Ressort „Arbeit“ an meine Kollegin Frau Dr. Föcking zu wenden. Diese ist in Ihrer Funktion als Fachsprecherin für Sozial- und Arbeitsmarkpolitik die richtige Ansprechpartnerin und kann Ihnen fundierte Aussagen zu dem Thema rund um “Arbeit“ geben.
Trotz der vorweggenannten Umstände möchte ich nun dennoch versuchen, Ihre Fragen so gut es mir möglich ist zu beantworten.
1.) Wie oben ausgeführt bin ich Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft (dem Landesparlament der Freien und Hansestadt Hamburg) und nicht des Deutschen Bundestags. Im Unterschied zu anderen Landesparlamenten ist die Bürgerschaft ein sogenanntes „Feierabendparlament“, was bedeutet, dass die Mandatsträger neben ihrer Funktion als Abgeordnete auch einem Beruf nachgehen. Dementsprechend sind die Diäten sehr viel niedriger angesetzt als in den sogenannten Vollzeitparlamenten anderer Bundesländer oder eben auch des Deutschen Bundestags. Die Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft erhalten ein Brutto-Entgelt in Höhe von 30.000 Euro pro Jahr und somit nicht etwa 100.000 Euro, so wie Sie es vermutet haben.
Ich nehme für mich in Anspruch, sehr nah an der Lebenswirklichkeit der Menschen in unserem Land orientiert zu sein. In meinem Wahlkreisbüro bekomme ich regelmäßig Bürgerbesuche und Bürgerbriefe bei denen es sich um das schwierige Thema Arbeitslosigkeit handelt. Als Wahlkreisabgeordneter bin ich zudem fast täglich in meinem Wahlkreis unterwegs, besuche Einrichtungen, Betriebe und führe viele Gespräche mit den Menschen.
2.) Die Zahl kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht benennen. Da es sich hierbei allerdings um eine rhetorische Frage handelt, die Sie in Ihre dritten Frage mit “viel“ summieren, gehe ich von einer hohen Zahl aus.
3.) Selbstverständlich bin ich in der Auffassung bei Ihnen, dass sich Arbeit in Deutschland lohnen und gerecht entlohnt werden muss. Deswegen halte ich die Einführung einer Lohnuntergrenze für sinnvoll und erforderlich, um ein „Abrutschen“ von Löhnen in den existenzgefährdenden Bereich zu unterbinden.
Unterbezahlung ist in der Tat ein großes Problem, welches, da es auf globaler Ebene durch Sozial- und Lohndumping in anderen Ländern protegiert wird, nur sehr schwer national zu steuern ist. In einer globalisierten Welt, in der es für Nationalstaaten ebenso wie für regionale Zusammenschlüsse schwer ist, auf die Herausforderungen schnell und angemessen zu reagieren sind mehr denn je Ordnungsinstanzen in Form von internationalen Institutionen gefordert, um zu regulieren. Als Beispiel sei hier die Welthandelsorganisation genannt.
Bezüglich der Mindestlöhne werden oft andere Länder als Vorbild angepriesen, wobei der Vergleich allerdings schwer ist, da dort andere Rahmen- und Ausgangsbedingungen herrschen.
4.) Meine Aussage bzgl. der Tarifverträge bezogen sich im Wesentlichen auf die Erfahrungen aus Hamburg. Lassen Sie mich abschließend festhalten, dass ich genauso wie Sie, die Problematik und ebenso den Handlungsbedarf erkenne.
In Hamburg sollen die Bediensteten der Stadt, die Tochter- und Subunternehmen künftig einen Lohn von mindestens 8,50 erhalten. Gleichwohl soll dafür gesorgt werden, dass nur noch solche Unternehmen Aufträge und Zuwendungen erhalten, die “ordentliche Löhne“ zahlen.
Ich hoffe Ihre Frage hiermit beantwortet zu haben. Für weitere Fragen im Bereich Arbeit steht ihnen meine Kollegin Frau Dr. Föcking zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Dennis Gladiator MdHB