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David Perteck
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Frage von Jennifer M. •

Frage an David Perteck von Jennifer M. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Herr Perteck,

wie ist denn Ihre Meinung zur bestehenden 5%-Klausel für den Bundestag?
Werden damit nichtetablierte Parteien wie die ödp behindert oder ist sie eine notwendige Maßnahme, um einer Zersplitterung des Parlaments entgegenzuwirken und rechtsradikale Abgeordnete zu vermeiden?

Viele Grüße

Jennifer Müller

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Müller,

die Gefahr einer Zersplitterung des Parlamentes, sodass keine arbeitsfähigen Mehrheiten zustandekommen würden, wie unter völlig anderen Bedingungen in der Weimarer Rebublik, ist heute nicht mehr gegeben. Die Gründe, aus welchen die 5%-Hürde einstmals errichtet wurde, fallen heute weitgehend weg. Die 5%-Klausel behindert indess neue Parteien und somit eine offene demokratische Entwicklung; sie dient inzwischen vornehmlich der Besitzstandswahrung der etablierten Großparteien, die dadurch ein ganzes Stück mehr an den Interessen der Bevölkerung vorbei handeln können. Auf Bundesebene und noch stärker auf Landes- und Gemeindeebene ist deshalb in der Tat eine Abschaffung der 5%-Klausel erforderlich, um den demokratischen Volkswillen im Parlament besser abzubilden. Je nach politischer Ebene sollte die Klausel etwa in eine 1%-Hürde umgewandelt werden oder völlig entfallen.

Eine Gefahr größerer Erfolge rechtsextremistischer Parteien ist auf Bundesebene nicht zu erkennen und würde außerdem durch Abschaffung der 5%-Klausel in keiner Weise befördert. In einzelne Landesparlamente sind Rechtsextremisten indess ungeachtet der 5%-Hürde eingezogen. Die Grenzen zwischen Teilen der etablierten Parteien und Rechtsextremisten sind bekanntlich fließend. Wenn die Ziele und Aktivitäten einer Partei allerdings nachweislich verfassungsfeindlich sind, dann ist diese Partei wiederum völlig unabhängig von der 5%-Klausel oder ihren Wahlergebnissen zu verbieten. Bei der NPD scheiterte das Verbotsverfahren bisher an den staatlichen V-Leuten, die ohnehin keinerlei weitereichende Erkenntnisse liefern. Ich erinnere zudem an die rechtspopulistische Schill-Partei, die in Hamburg durch den Medienhype des "Richter Gnadenlos" aus dem Stand rund 20% und Regierungsbeteiligung mit einer machtbesessenen und völlig verantwortungslosen CDU erlangte. Auf derartige Vorgänge hat die 5%-Hürde also keinerlei Einfluss.

Für die ödp stellt die 5-%-Hürde zumindest bezüglich der Bundestagswahl kein vordringliches Problem dar. Anders sieht dies in Ländern und Gemeinden aus, in welchen die ödp bereits sehr gute Werte erzielt und mit etwa 400 Mandaten bundesweit sehr erfolgreich ist. So wäre die ödp beispielsweise ohne die 5%-Hürde mit über 2% im bayrischen Landtag vertreten. Auf Bundesebene ist der ödp jedoch eher hinderlich, dass die öffentlich-rechtlichen Medien durch ihre politischen Aufsichtsräte und die privaten Medien durch den allgemeinen Finanzlobbyismus seit Jahrzehnten mit den etablierten Großparteien verflochten sind. Deshalb wird dort bewusst wenig oder gar nicht über kleine und neue Parteien berichtet. Dass zur diesjährigen Bundestagswahl mehrere Parteien aus zum Teil sehr fadenscheinigen Gründen nicht zugelassen wurden, deutet ebenfalls auf die Strategie der Besitzstandswahrung der etablierten Parteien hin, die in den Zulassungsausschüssen vertreten sind und entsprechend gegen die Kleinparteien abgestimmt haben.

Einerseits wird praktisch nur über bereits im Bundestag vertretene Parteien öffentlich berichtet, andererseits kann eine Partei praktisch nur die 5%-Hürde überschreiten, wenn sie der Bevölkerung durch Massenmedien bekannt gemacht wird. Diesen Teufelskreis kann die ödp nur durchbrechen, wenn sie einerseits neue und originelle Medienideen verwirklicht und andererseits eine kontinuierliche kommunale Aufbauarbeit im Sinne eines Graswurzelprinzips leistet. Mediale Präsenz ist für Wahlerfolge unerlässlich, weil nur bekannte Parteien und Kandidaten gewählt werden (würden etwa "Coca Cola" oder "Donald Duck" auf dem Wahlzettel stehen, könnten diese sich wohl oder übel eines großen Stimmenanteils sicher sein).

Die geschilderte Sachlage verbunden mit der überholten 5%-Klausel führt dazu, dass unsere Demokratie nicht zu unrecht als "Scheindemokratie", "Parteiendemokratie" und "Mediendemokratie" charakterisiert und kritisiert wird. Neue politische Kräfte feiern unabhängig von Inhalten nur durch größere Medienpräsenz (kurzfristige) Erfolge. Die etablierten Parteien können ihren Wahlkampf und ihren Machterhalt zudem mit großen Summen an Staatsgeldern und insbesondere Spendengeldern von Konzernen finanzieren. Da den zahlenden Lobbygruppen von sämtlichen Großparteien für die vermeintlichen Spenden Gegenleistungen erbracht werden, die dem Gemeinwohl nachhaltig schaden, fordert die ödp ein Verbot von Konzernspenden an Parteien. Andernfalls bleibt die Politik der etablierten Parteien käuflich und somit undemokratisch.

Bei weitgehender Chancengleichheit würden die Kandidaten der ödp personell und inhaltlich oftmals deutlich besser abschneiden als die Vertreter der selbsternannten Volksparteien, die als Parteisoldaten lediglich vorgefertigte Formulierungen und Werbebotschaften nachbeten. Dann würde die ödp auch mit Leichtigkeit die 5%-Hürde meistern, welche gleichwohl ein Demokratiedefizit in der Bundesrepublik darstellt. Unter den gegebenen Bedingungen bin ich dennoch zuversichtlich, dass wir in Zukunft einen Großteil der Bevölkerung von glaubwürdiger ökologischer und sozialer Politik überzeugen und diese ebenfalls im Bundestag erfolgreich durchsetzen werden. Etwa zunächst durch das Erringen von Direktmandaten für die ödp wie in meinem Wahlkreis Wandsbek, die uns weitere Aufmerksamkeit und Wahlerfolge bescheren. Denn im Bundestag ist eine grüne Alternative notwendig!

Herzliche Grüße,

Ihr David Perteck