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Frage von Anna P. •

Frage an David Perteck von Anna P. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Perteck,

wie beurteilen Sie die "grünen" Studiengebühren, die in Hamburg von CDU und GAL eingeführt wurden?

Mit freundlichen Grüßen,

Anna Petersen

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Petersen,

die Studiengebühren, für welche die Grünen in Hamburg in der schwarz-grünen Koalition verantwortlich sind, haben sich als sozial äußerst ungerecht erwiesen.

Unter dem schwarz-grünen Senat wurde die Gebührenhöhe von 500 Euro auf 375 Euro pro Semester verändert und das Geld muss erst nachgelagert entrichtet werden, wenn der Betroffene 30.000 Euro brutto im Jahr verdient. Diese Veränderungen stellen jedoch nur scheinbare Verbesserungen dar. In Wirklichkeit werden viele Studierende sogar schlechter gestellt als zuvor. So haben bisher nur 39.900 der etwa 56.400 Studierenden in Hamburg die Gebühren bezahlen müssen, weil die übrigen von den Zahlungen befreit waren. Sämtliche Ausnahmeregelungen, auch für Studierende mit Behinderungen und für Eltern mit kleinen Kindern, entfallen jedoch mit der Neuregelung, sodass nun rund 16.500 Studierende mehr zur Kasse gebeten werden. Dabei ergibt sich für die betroffenen Gruppen oftmals ein deutlicher Mehrkostenaufwand für die Lebenshaltungskosten sowohl im Studium, als auch im späteren Berufsleben. Die selbstherrliche Pressemitteilung der Grünen, die Hamburger Studierenden würden entlastet, ist deshalb an Zynismus und Verfälschung der Sachlage nicht zu überbieten. Vielmehr sind die Grünen in Hamburg erstmalig für Studiengebühren verantwortlich, die sie zuvor im Wahlkampf abgelehnt hatten. Die GAL betrachtet das Studium samt Gebühren lediglich als "Bildungsinvestition", die sich für ein späteres Einkommen bezahlt machen soll.

Außerdem sind die "grünen Gebühren" ab dem Wintersemester 2008/09 entgegen den schwarz-grünen Versprechungen gar nicht wirklich nachgelagert. Vielmehr muss die Nachlagerung jedes Semester erneut beantragt werden. Dann kann für eine Zeit bis zu zwei Semester über die Regelstudienzeit hinaus ein Darlehen aufgenommen werden. Es wird offenbar darauf spekuliert, dass viele Studierende sich diese Mühe gar nicht erst machen und einfach vor Semesterbeginn bezahlen, um sich nicht mit unberechenbaren Zinsen und mit bis zu 17.000 Euro zu verschulden. Während des Studiums werden die Zinsen nämlich gestundet, nach dem Studium bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens liegt die Erhebung und Erhöhung der Zinsen jedoch in der Hand der beauftragten Kreditinstitute. Außerdem kommt zu den Studiengebühren der ständig steigende Semesterbeitrag in Höhe von über 250 Euro hinzu, der ohnehin für Verwaltungskosten und das HVV-Semesterticket entrichtet werden muss. Studierende in Hamburg müssen also faktisch pro Semester über 625 Euro an Gebühren und Beiträgen zahlen, um ihr Studium überhaupt wahrnehmen zu können.

Die Studierenden haben dabei laut AStA der Uni-Hamburg praktisch keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Verwendung der Gebühren, weil nur vereinzelte Vertreter der Studierenden in den Entscheidungsgremien sitzen, die laut AStA immer leicht überstimmt werden können. Nach einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss berichteten die Studierendenvertreter, dass ihre Anliegen und Argumente von den verantwortlichen Politikern schlicht ignoriert wurden. Dabei ist eine überwiegende Mehrheit der Studierenden ebenso wie der gesamten Bevölkerung gegen Studiengebühren. Den Wahlprogrammen und Versprechen der Parteien zufolge müsste es auch in der Hamburgischen Bürgerschaft eine Mehrheit für die Abschaffung der Studiengebühren geben. Allein die Grünen haben mit der schwarz-grünen Koalition und ihrer Gefolgschaft mit der CDU dafür gesorgt, dass unsoziale Studiengebühren jetzt in Hamburg zementiert wurden.

Besonders fragwürdig sind dabei Versuche, die Studierenden gegen andere Bevölkerungsgruppen auszuspielen. Denn schließlich werden von den Gegnern der Studiengebühren zugleich gerechte Bildungschancen und soziale Teilhabe für alle Menschen gefordert. Kostenfreie Bildung von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule, die grundsätzlich jedem gleichermaßen zugänglich ist, kann deshalb nicht ungerecht sein. Ebenso wenig ist Bildung eine Ware, die sich in bloße Geldwerte umrechnen lässt, nach dem zynischen Motto: "Was nichts kostet ist nichts wert!"

Studierende werden oftmals bereits ohne zusätzliche Gebühren durch Erwerbsarbeit vom Studium abgehalten oder sind auf Unterstützung durch die Eltern angewiesen, um ihr Studium und ihren Lebensunterhalt überhaupt zu finanzieren, wenn sie sich nicht hoch verschulden möchten. Und gerade die Erwerbsarbeit verlängert erheblich die durchschnittliche Semesteranzahl bis zum Studienabschluss, weit über die theoretische Regelstudienzeit hinaus. Ebenso wie Büchergeld fördern Studiengebühren die soziale Auslese bei den Bildungschancen, die in Deutschland ohnehin in besonders hohem Maße der Geldbeutel der Eltern bestimmt. Die Gebühren schrecken einen Großteil der Jugend vom Studium ab und grenzen weite Teile der Bevölkerung über Generationen hinweg von besseren Bildungs- und Berufschancen aus. Sie tragen deshalb erheblich zum Bildungsabbau in Hamburg und in Deutschland bei.

Der genaue Verbleib der bisher eingenommenen Anti-Bildungs-Gebühren in Hamburg konnte von Universitätsleitung und Senat übrigens nicht hinreichend ermittelt und nachgewiesen werden. Zugleich belegen immer wieder Studien, welch katastrophale Auswirkungen Studiengebühren für die sozialen Strukturen und Bildungsmöglichkeiten in der Bundessrepublik zeitigen. Allenthalben werden Bildungseliten gefordert, aber unsere Hochschulen werden an Wirtschafts- und Finanzeliten verscherbelt. Ein Armutszeugnis für den schwarz-grünen Senat.

Die Grünen haben die Studiengebühren übrigens nicht etwa eingeführt, um dafür in anderen Bereichen etwas zu verbessern. Die GAL hat betont, dass sie inhaltlich voll und ganz hinter den sozial ausgrenzenden Studiengebühren steht. In anderen Bereichen haben die Grünen ebenfalls nicht das geringste für Umweltschutz oder soziale Gerechtigkeit bewirkt, sodass sie sich in sämtlichen Politikfeldern als bloßer Mehrheitsbeschaffer der CDU angepasst und untergeordnet haben. Damit haben die Grünen sich für ökologisch und sozial orientierte Bürger absolut unwählbar gemacht und in der Bildungspolitik einen erschreckenden Rückschritt hinter die Reformen der sogenannten 68er vollzogen.

Mit der ödp als wirklicher grüner Alternative stimmen Sie hingegen für glaubwürdige Umweltpolitik und gerechte Bildungschancen ohne Studiengebühren. Für kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule!

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr David Perteck