Welche Auswirkungen haben die Forderungen im Antrag auf Rheinland-Pfalz als Grenzregion? Sehen Sie Konflikte mit Europarecht und Grundrechten, und welchen Stellenwert hat das Europarecht für Sie?
Sehr geehrter Herr Dietz,
am 29. Januar 2025 wurde im Bundestag ein Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Unterstützung der AfD knapp angenommen. Dies hat eine breite Debatte ausgelöst, da es das erste Mal war, dass ein Antrag mit AfD-Stimmen eine Mehrheit fand. Zudem gibt es Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und europäischem Recht.
Als Bürger von Rheinland-Pfalz, einem Bundesland mit mehreren europäischen Nachbarn, interessieren mich besonders die Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und den Umgang mit grundlegenden Rechten. Wie bewerten Sie diesen Beschluss im Hinblick auf unsere Nachbarländer und den Stellenwert des Europarechts? Welche Bedeutung messen Sie europäischer Rechtsprechung und Grundrechten bei, insbesondere im Kontext der Migration?
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Hey Sascha,
die Frage hättest Du mir als Ratsmitglied der Stadt Mainz ja auch am Mittwoch bei unserer Ratssitzung stellen können. Aber hier geht´s natürlich auch.
Wie Du ja vielleicht gestern der Berichterstattung der Allgemeinen Zeitung (AZ) oder meinen Beiträgen auf meinen Social-Media-Kanälen entnommen haben, betrachte ich die Diskussionen und Entwicklungen sehr differenziert.
Ich glaube, dass eine andere, restriktivere Migrationspolitik vonnöten ist. Gleichzeitig gilt es zu konstatieren, dass die "Ampel- Regierung" in den vergangenen drei Jahren viele Maßnahmen, Gesetzesverschärfungen und auch tatsächliche Änderungen auf den Weg gebracht hat. Die Zahlen hierzu sind sehr eindeutig, auch wenn gerade die Probleme rund um die irreguläre Einreise nicht signifikant gelöst werden konnten.
Da nicht zuletzt auch die SPD entsprechende Forderungen nach einer kontrollierenderen Migrationspolitik in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat, bleibt es nicht nur Verpflichtung der Parteien der politischen Mitte, auch an dieser Stelle zu gemeinsamen Lösungsansätze zu kommen. Vielmehr ist es m. E. nach der Bundestagswahl auch möglich entprechende Vereinbarungen zu treffen.
Ich hatte mich am Freitag sehr gefreut, dass die Fraktion der FDP mit ihrem Antrag auf Rücküberweisung in den zuständigen Ausschuss genau diesen Versuch unternommen hat, die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und den Grünen zu gemeinsamen Verhandlungen zu bewegen. Leider war dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt. Ich selbst hätte dafür plädiert, diesen Antrag dann zu stellen, weil eine Debatte in der Sache drei Wochen vor der Wahl erkennbar wenig Aussicht auf substanzielle Behandlung hatte. Für eine "Showveranstaltung" (meine Wortwahl im Rahmen einer Podiumsdiskussion und eines Empfangs, beides am Freitag)
Auch dem Entschließungsantrag der Union vom vergangenen Mittwoch hätte ich inhaltlich nicht zustimmen können. Allein der sehr holzschnittartige Ansatz, alle Menschen ohne legalen Aufenthaltstitel unverzüglich bis zur Ausweisung zu internieren und das ohne zu unterscheiden, ob da Menschen in Arbeit oder Ausbildung sind, hier Familie haben oder im lokalen Umfeld integriert sind. Auch der Punkt, die deutsche Grenzen dauerhaft zu schliessen ist für mich als klassischen Liberalen so nicht überzeugend.
Gleichzeitig empfinde ich die Diskursverengung als so wenig zielführend, wie die Weigerung von Friedrich Merz, über die inhaltlichen Punkte des Antrags diskutieren zu wollen. Beides betrachte ich als nicht in unserer demokratisch-parlamentarischen politischen stehend. Deshalb bleiben, gerade nach der vergangenen Woche, die Parteien der politischen Mitte gefordert, ab dem 24. Februar den Konsens wieder ins Zentrum der politischen Bemühungen zu stellen.