Frage an Danyal Bayaz von Michael U. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bayaz,
Die letzte Änderung des EStG, bei der Verluste aus Termingeschäften nur noch unterjährig bis zu einer Höhe von 10.000 Euro verrechnet werden können, wohingegen Gewinne uneingeschränkt der Abgeltungssteuer unterliegen, könnte sowohl gegen das Netto- als auch gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip des deutschen Steuerrechts verstoßen.
Konkret kann der genannte Betrag von TEUR 10 selbst bei geringem Anlagekapital schnell erreicht sein, sofern ein Anleger aktiv sein Portfolio managt.
An einem Beispiel:
Nimmt ein privater Anleger zum Beispiel durch Termingeschäfte TEUR 100 ein, verliert aber durch Absicherungsgeschäfte TEUR 90, so wären von diesen TEUR 90 nur noch TEUR 10 anrechenbar und es wäre Abgeltungssteuer auf einen Betrag von TEUR 80 fällig.
Der Anleger müsste demnach bei einem Gewinn von nur TEUR 10 Abgeltungssteuer in Höhe von TEUR 21 entrichten.
Lars Brandau, Geschäftsführer des DDV sagte dazu jüngst im Interview:
"Damit stellt sich der Gesetzgeber gegen eine seit mehreren Jahren gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die besagt, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt“.
Im Extremfall können Menschen dadurch in die Schuldenfalle bis hin zur Privatinsolvenz getrieben werden.
Wie stehen die Grünen zu dieser Situation?
Vielen Dank für Ihre Zeit
Sehr geehrter Herr U.,
Die von Ihnen angesprochenen Änderungen zum Einkommensteuergesetz waren schon für das sogenannte "Jahressteuergesetz 2019" vorgesehen. Im Regierungsentwurf vom 23.09.2019 zum "Jahressteuergesetz 2019" war ursprünglich vorgesehen, die Verlustverrechnung für Verluste aus Termingeschäften und ähnliche vollständig auszuschließen. Im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen wurde dann die betragsmäßig beschränkte Verlustverrechnung umgesetzt. Wir haben diesem Gesetz im Bundestag nicht zugestimmt.
Umgesetzt wurde diese Gesetzesänderung, weil der Bundesfinanzhof die Sichtweise der Bundesregierung, wonach Totalverluste aus Termingeschäften nicht dem steuerbaren Bereich zuzurechnen sind, nicht anerkannte. Um die Auswirkungen dieser Rechtsprechung zu begrenzen, einigte sich die Große Koalition auf die beschränkte Verlustverrechnung, auch mit dem Ziel den spekulativen Finanzmarkthandel einzudämmen. Dabei wurde der Fokus ausschließlich auf Privatanleger gelegt, was wir falsch finden.
Grundsätzlich teilen wir Grüne das Ziel, Spekulationen am Finanzmarkt einzudämmen. Aber die Wirkung der Gesetzesänderung erfüllt in der verabschiedeten Form nicht das intendierte Ziel. Die Einführung dieser Regelung zeigt, dass die Abgeltungsteuer an vielen Stellen ungerecht wirkt. Aus diesem Grunde setzen wir uns schon lange für eine Abschaffung der Abgeltungssteuer ein. In einer umfassenderen Reform, bei dem Kapitalerträge wieder in das normale Besteuerungsverfahren zurückgeführt werden, können dann die von Ihnen angeführten und viele weitere Ungerechtigkeiten behoben werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Danyal Bayaz