Frage an Danyal Bayaz von Renate B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen, dass bei uns in Baden-Württemberg besonders, die Bildung vom Geldbeutel und von der Bildung der Eltern abhängt? Das die Qualität der staatlichen Schulen immer mehr abnimmt und immer mehr Steuergelder in die Förderung und Unterstützung von Privatschulen fließt?
Sehr geehrte Frau B.,
es lässt auch mir keine Ruhe, dass der Bildungserfolg in unserem reichen Land noch immer massiv vom Elternhaus abhängt. Ich weiß, wie wichtig Bildung ist, um im Leben voranzukommen. An Bildung hängt dermaßen viel: Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Gesundheit, Lebenszufriedenheit, unsere Demokratie, unser Wohlstand. Auch die Frage, ob wir mit Innovationen die Klimakrise bewältigen, hat viel mit Bildung zu tun. Und gerade in einer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft ist die faire Chance auf sozialen Aufstieg ein wichtiger gesellschaftlicher Kitt. Daher finde ich es auch wichtig, dass wir dieses Aufstiegsversprechen wieder mit Leben füllen. Es sollte das Ziel aller Parteien sein, den Bildungserfolg und die Zukunftschancen von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Das ist eine zentrale Frage der Gerechtigkeit.
Sie fragen zurecht, wie das alles gelingen kann.
Neben dem entsprechenden politischen Willen müssen wir unsere Bildungseinrichtungen auch finanziell in die Lage versetzen, die bestmögliche Bildung anzubieten und vermitteln zu können. Aus diesem Grund möchten wir das Kooperationsverbot zumindest lockern. Bislang verhindert dieses aus meiner Sicht irrsinnige Kooperationsverbot, dass Bund und Länder bei der Bildung an einem Strang ziehen. Ohne dieses Verbot könnte sich der Bund langfristig und nachhaltig an den Kosten für die Bildung beteiligen. Natürlich ist Geld nicht alles, aber wir dürfen uns da nicht in die Tasche lügen: Gute Bildung hat sehr wohl etwas mit Geld zu tun.
Hinzu kommt, dass die Qualität des Unterrichts stetig hinterfragt und verbessert wird. Dazu gehören die Aus- und Weiterbildung unserer Lehrerinnen und Lehrer, engagierte Schulrektoren, eine größere Selbständigkeit der Schulen, der Ausbau der Ganztagsbetreuungsangebote und auch der Ausbau der digitalen Kompetenz. Mit letzterem meine ich aber nicht nur die Ausstattung mit Laptops, Tablets und schnellem Internet (wobei eine gute Infrastruktur natürlich wichtig ist), sondern auch ein bildungspolitisches und medienpädagogisches Programm, da es entscheidend für den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft sein wird. Grundsätzlich bin ich auch für ein längeres gemeinsames Lernen sowie bessere individuelle Förderung. Das gilt gleichermaßen für staatliche wie auch für private Schulen. Ich will aber hinzufügen: wir haben in Deutschland zu viel Zeit und Energie in Schulstrukturdebatten investiert – wir müssen mindestens so sehr darüber nachdenken, was in den Klassenzimmern passiert.
Da sie die freien Schulen erwähnt haben: Für uns Grüne sind Schulen in freier Trägerschaft ein Ausdruck einer lebendigen Bürgerschaft. Sie sorgen für Vielfalt in der Bildungslandschaft und liefern mit innovativen pädagogischen Konzepten wichtige Impulse für die Weiterentwicklung und Verbesserung des öffentlichen Bildungssystems. Daher hat die baden-württembergische Landesregierung auch die Unterstützung der freien Schulen leicht angehoben. Klar ist für mich: Ich sehe keinen Grund, dass wir freie Schulen Steine in den Weg werfen, aber unsere Anstrengung muss dem öffentlichen Schulen gelten. Gerade in Städten mit sozial schwierigen Stadtteilen sollte gelten, dass wir dortige Schulen besonders unterstützen, damit die Mittelschicht vor Ort bleibt. Ich wünsche mir Schulen, in denen der die Tochter des Oberarztes mit dem Sohn der Krankenschwester gemeinsam die Schulbank drückt.
Auch wenn Bildung letztlich alle Politikbereiche betrifft, so bin ich kein Bildungspolitiker. Ich bin Startup-Beauftragter meiner Fraktion und Mitglied des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages. Gerade im Bereich der Digitalisierung gehört es zu meinem Job, über den Tellerrand zu schauen und auch andere Länder in den Blick zu nehmen. Was machen die gut? Was können wir lernen? Wo sind wir besser? Das Gleiche wünsche ich mir auch von der Bildungspolitik. Es gibt Staaten, die sind bei der Bildungspolitik besser als wir. Oder sie gehen zumindest andere Wege. Es gibt sicher auch andere Bundesländer, die das eine oder andere besser machen als Baden-Württemberg. Wie gesagt, ich bin im Bildungsbereich kein Experte, aber ich wünsche mir, dass wir von anderen lernen. Eine Bildungspolitik, die nicht lernfähig ist – das wäre ja geradezu absurd.
Weitergehende Informationen zu Bildungspolitik der grünen Bundestagsfraktion finden Sie hier: www.gruene-bundestag.de/bildung.html
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten, zumindest ansatzweise. Es ist ja ein weites Feld.
Mit freundlichen Grüßen
Danyal Bayaz