Frage an Daniela Wagner von Max M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Wagner,
ich möchte mich zunächst für Ihre Arbeit als Abgeordnete in diesen schwierigen Zeiten bedanken. Es sind aktuell viele schwierige Entscheidungen zu fällen, und Sie bekommen sicherlich auch eine Menge Nachrichten im Zusammenhang mit der Corona-Krise, und nicht alle davon freundlich.
Meine Frage bezieht sich auf die Methoden der finanziellen Unterstützung für Restaurants und Kneipen, die von den Schließungen im November betroffen sind. Ich finde es fundamental in Ordnung, dass solche Schließungen vorgenommen werden und dass die Betriebe entschädigt werden. Allerdings finde ich es etwas schade, dass Vermieter*innen nicht an den Kosten beteiligt werden.
Warum wird hier nicht vorgegeben, dass die Mieten mindestens für die Periode der Schließungen entweder komplett entfallen (ohne Nachzahlung!) oder zumindest halbiert werden? Es wird mir intuitiv nicht klar, warum die Vermieter*innen nicht ebenfalls die Krise etwas spüren sollten, die alle anderen auch spüren. Sollten dadurch Kredite nicht mehr bedient werden können, könnte man eine ähnliche Regelung für Kredit-Raten im Zusammenhang mit den vermieteten Objekten finden - wenn die Banken in Corona-Jahren noch Dividenden ausschütten können, können sie auch auf eine Monatsrate verzichten.
Im allgemeinen habe ich das Gefühl, dass Kapitalerträge wie Mieten und Kreditzinsen aktuell einen höheren Schutz genießen als Arbeitslohn. Daher meine Frage: Weshalb gibt es keine Regelungen dazu, Vermieter*innen und Banken hier "mit ins Boot" zu holen, und werden Sie sich in der Zukunft für eine solche Regel einsetzen?
Mit freundlichen Grüßen,
Max Maass, Darmstadt
Sehr geehrter Herr Maass,
zunächst möchte ich mich für Ihre Frage, wie Gewerbetreibende in Zeiten von Corona hinsichtlich ihrer Mietzahlung besser unterstützt und Vermieter*innen und Vermieter hier stärker in die Verantwortung genommen werden könnten, recht herzlich bedanken.
Mit dem „Gesetz zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27.03.2020 wurde ein Kündigungsmoratorium eingeführt, das bis zum 30. Juni 2020 gültig war. Die Regelung beinhaltete Vorschriften zum Kündigungsausschluss im Mietrecht zu Grundstücken oder Räumen sowie zur Stundungsmöglichkeit bei Verbraucherdarlehen. Leider wurde dieses Moratorium nicht verlängert, was wir immer gefordert haben. Allerdings galt diese Regelung nur für nichtgewerbliche Mieter*innen und Mieter oder Pächter*innen und Pächter.
Die Frage der Risikoverteilung zwischen Vermietern/Verpächterinnen und gewerblichen Mieterinnen/Pächtern wurde hingegen bisher gesetzgeberisch nicht adressiert, auch in der Erwartung, dass die Marktteilnehmer hier ohne gesetzgeberische Initiative zu einvernehmlichen Lösungen zwischen Vermieterinnen und Vermietern und Gewerbetreibenden angesichts der außergewöhnlichen Situation der Corona-Pandemie kommen werden.
Nach Zahlen des Handelsverbands Deutschland (HDE) und des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) ist das aber leider nicht der Fall. Eine Befragung bei ca. 3.500 gastgewerblichen Unternehmern hat gezeigt, dass „40 Prozent der Vermieter und Verpächter kein Verständnis für die besondere Situation der Branche in der Corona-Krise haben“. Bei 54 Prozent der Betriebe habe sich (Stand: Mitte Mai 2020) keine partnerschaftliche Lösung mit dem Vermieter/Verpächter abgezeichnet. Bei den Großvermietern sei dies sogar zu 67 Prozent der Fall.
Wir haben daher mit dem Antrag „Risikoverteilung bei Gewerbemieten klarstellen – Selbstständige, kleine und mittlere Unternehmen in der Corona-Krise unterstützen“ (Drucksache 19/22898) gefordert, dass Mieter*innen und Mieter von gewerblich genutzten Räumlichkeiten das Recht haben ihre Mietverträge anzupassen. Denn aus unserer Sicht haben sich aufgrund behördlicher Allgemeinverfügungen zur COVID-19-Bekämpfung die Vertragsgrundlagen schwerwiegend verändert. Um lange Gerichtsverfahren zu vermeiden wollen wir im § 313 BGB, der die Störung der Geschäftsgrundlage regelt, gesetzlich klarstellen, dass ein Recht auf Vertragsanpassung besteht.
Auch ist es aus unserer Sicht notwendig, die Verzugszinsen für Gewerbemieterinnen und -mietern, die COVID-19-bedingt ihre Miete nicht zahlen können, auf ein verhältnismäßiges Maß abzusenken. Denn die derzeit geltende Höhe der Verzugszinsen ist aus unserer Sicht vor dem Hintergrund, dass COVID-19-bedingte Zahlungsschwierigkeiten ohne mieterseitiges Verschulden entstanden sind, nicht angemessen.
Zugleich wollen wir Vermieterinnen und Vermietern, die ihre vermietete Immobilie mit einem Darlehen finanziert haben, im Fall der Vertragsanpassung ein Recht einräumen, ihre Darlehensverträge wiederum ebenfalls anzupassen und so die Banken "mit ins Boot" zu holen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Wagner, MdB
Sprecherin für Stadtentwicklung