Frage an Daniela Wagner von Günter L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
ist Ihnen bekannt, dass immer mehr Firmen unter dem Mantel "Personalsuche und Probe" Arbeit kostenlos verrichten lassen. Besonders auffällig ist dies bei Callcenter. Aber auch andere Firmen wie z.B: Konkret ein neues Möbelhaus in Darmstadt.
Ich sehe natürlich auch, dass durch den zum Teil übertriebenen Kündigungsschutz die Betriebe Vorsichtig sein müssen und habe Verständnis, dass ein Betrieb nur fähige und aktive Mitarbeiter einstellen möchte. Dies war aber in Verbindung mit der Probezeit schon immer möglich.
Ein(e) Arbeitssuchende(r) wird auf diese Weise zu kostenloser Arbeit gezwungen. Auf eine Stellenanzeige werden sich heute Problemlos 100 Bewerber melden. Wenn dann jeder (wie bei meiner Tochter gefordert) zwei Tage kostenlose Probearbeit verrichten muss, hat das Unternehmen 200 kostenlose Arbeitstage zur Verfügung. Durch diese Kostenersparnis werden "faire" Firmen kaputt gemacht.
Die Arbeitsargenturen schicken Arbeitssuchende sicher sehr gerne zu solchen Firmen. Wenn jemand nicht kostenlos arbeiten will und nicht bereit ist ohne Gegenleistung die Fahrtkosten zu tragen, dann wird er sicher schnell als Arbeitsunwillig eingestuft und die Sozialleistungen werden gekürzt. Der Arbeitssuchende ist also dem Zwang zur kostenlosen Arbeit ausgesetzt. Würden die Arbeitsagenturen anders handeln, dann gäbe es das Problem gar nicht.
Meine Mutter musste noch für die Lehre bezahlen. Wollen wir wieder dahin kommen?
Es ist für mich nicht einzusehen, dass Probearbeit nicht bezahlt wird. Wenn der Bewerber wirklich so schlecht ist, dann kann dieser ja nach einer Stunde nach Hause geschickt werden.
Die kapitalistische Wirtschaft hat Vorteile da sie die Eigeninitiative fördert. Ohne Schranken ufert die Ausbeutung aus und der Unterschied zu kriminellen Strukturen wird immer kleiner. Siehe Spielkasinos die sich Banken nennen.
Werden Sie sich für faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Und wie?
Viele Grüße
Günter Lengfeldner
Sehr geehrter Herr Lengfeldner,
Sie sprechen von Personalsuche auf Probe, sogenannte Einfühlungsverhältnisse. Ein so genanntes Einfühlungsverhältnis ist eine unbezahlte Phase von einem bis sieben Tagen, die ein Arbeitgeber und ein potentieller Arbeitnehmer vereinbaren können. Das Verhältnis dient dem Kennenlernen eines Betriebes oder eines Berufes (gleichzeitig kann der Arbeitgeber aber selbstverständlich auch den möglichen zukünftigen Arbeitnehmer unter die Lupe nehmen). Der Bewerber wird in den Betrieb aufgenommen, ohne Pflichten zu übernehmen. Er unterliegt nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, nur dem Hausrecht. Er muss keine bestimmte Arbeitszeit einhalten und ist auch nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Beide Parteien haben das Recht zur jederzeitigen Beendigung des Verhältnisses. Zur Vergütungszahlung ist der Arbeitgeber im Rahmen eines solchen Einfühlungsverhältnisses nur verpflichtet, wenn hierüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn der Bewerber verwertbare oder nützliche Tätigkeiten verrichtet. Das Einfühlungsverhältnis ist ein loses Rechtsverhältnis besonderer Art.
Vom Einfühlungsverhältnis unterscheidet man das Probearbeitsverhältnis, das einen Vergütungsanspruch begründet. Dieses Probearbeitsverhältnis kann als befristetes Arbeitsverhältnis oder als vorgeschaltete Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart werden und i.d.R. bis zu sechs Monate dauern. Hierbei handelt es sich um ein echtes Arbeitsverhältnis, das Rechte und Pflichten beider Parteien begründet.
Natürlich wenden wir uns gegen den Missbrauch von Einfühlungsverhältnissen. Doch existieren für diesen Fall bereits eindeutige Regelungen: Wird ein Betroffener im Rahmen eines solchen Verhältnisses wie ein normaler Arbeitnehmer zur Arbeiten herangezogen oder wird die Dauer von sieben Tagen überschritten, so liegt nach Rechtsprechung des BAG ein Arbeitsverhältnis vor, das auch einen Anspruch auf Vergütung nach sich zieht.
Bei der Vermittlung von Probearbeiten durch Arbeitsagenturen oder Jobcenter hat es zugegebenermaßen in der Vergangenheit immer mal wieder Firmen gegeben, die versucht haben dies systematisch auszunutzen, um die Einstellung von Arbeitskräften zu umgehen. Das ist natürlich eine Praxis, die wir aufs schärfste verurteilen. Hierzu hat es bereits eine Kleine Anfrage der Grünen Fraktion gegeben:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/065/1606538.pdf
Die missbräuchliche Nutzung ist zu unterbinden. Wenn also festgestellt werden, dass Unternehmen das tun, dürfen sie unseres Erachtens nach nicht mehr berücksichtigt werden, denn damit werden, da hat der Fragesteller Recht nicht nur die Arbeitslosen ausgenutzt, sondern auch faire Firmen "unterlaufen". Sollte sie handfeste Belege über solche Fälle in Callcenter oder in dem angesprochenen Möbelhaus haben, können Sie sich damit gerne an das Büro Brigitte Pothmer, MdB wenden.
Und natürlich setzen wir uns für faire Spielregeln ein (Stichworte zum Beispiel Mindestlohn, Regulierung der Zeitarbeit)
Weitere Informationen zu grünen Positionen bezüglich Arbeitsmarktpolitik finden sie hier:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/arbeit/rubrik/0/59.arbeit.html