Frage an Daniela De Ridder von Dorian W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Frau Dr. De Ridder,
Die Pipeline Nord Stream 2 wurde in der Vergangenheit in Bezugnahme auf "Brückentechnologien" von Ihnen und der SPD-Fraktion größtenteils unterstützt. Jüngst ist die Begründung unter Spitzenpolitikern Ihrer Partei (z.B. Herr Steinmeier und Herr Maas) auf geopolitische Strategieabwägung in Bezug auf eine potentielle Abkappselung Russlands von der EU in Richtung Volksrepublik China umgeschwenkt, oder zumindest verlagert worden.
Das Projekt stellt unterm Strich eine Abkehr von erneuerbaren Energien (die mit entsprechendem politischen Willen und monetärer Förderung durchaus früher die Kohlekraft ersetzen könnten) und leider auch eher eine Annäherung an die demokratieskeptischen Führungskräfte Russlands dar, führt also wohl höchstens mittelbar zu besseren Beziehungen mit der russischen Bevölkerung. Darüber hinaus strapaziert es die Beziehungen zur Ukraine.
Meine Frage ist: wenn die europäische Unabhängigkeit zu Russland eine dermaßene Instabilität hervorruft und die letzte Interdependenz an einem derart seidenen Faden hängt, die Russische Föderation aber zugleich unter massiven wirtschaftlichen Problemen strauchelt, wieso setzt sich die Regierung nicht vordergründiger für ein umfängliches Investitions-/Handelspaket in Richtung des russischen Mittelstands ein?
Könnte z.B. die dort aufstrebende Windenergie durch europäische Hersteller mitgetragen werden, das enorme Platzpotential also besser genutzt werden?
Vielen Dank und einen schönen Tag!
Dorian Wigand
Sehr geehrter Herr Wigand,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen. Gerne möchte ich auf Ihr Anliegen zu Nord Stream 2 eingehen.
Wie Sie wissen, steigt der Gasbedarf Europas kontinuierlich an. Um die Versorgungssicherheit Deutschlands weiterhin gewährleisten zu können, müssen wir unsere Gaslieferungen diversifizieren. Deshalb ist der Bau von Nord Stream 2 richtig: Er eröffnet uns eine neue Versorgungsroute für den so dringend benötigten Energieträger Erdgas. Ohne Nord Stream 2 wird aufgrund des geringen Wettbewerbs auf dem Markt der Preis für Gas sicherlich auch steigen.
Die angebliche Abhängigkeit von Russland in Energiefragen wird vor allem von den USA und unseren osteuropäischen Nachbarn thematisiert. Durch den Bau von Nord Stream 2 machen wir uns vom russischen Gas aber nicht abhängig. Im Gegenteil, es ist überaus wünschenswert, dass es auf diesem Anbietermarkt mehr Wettbewerb gibt. Nur aus erneuerbaren Quellen kann der Energiebedarf Deutschlands als Hochverbraucherland bislang noch nicht gedeckt werden. Bis dahin sollten wir Brückentechnologien wie die Versorgung mit Erdgas nutzen. Über die Nord-Stream-2-Pipeline kann später übrigens auch Wasserstoff nach Deutschland transportiert werden, was für die Erreichung der Klima-Ziele des europäischen Green Deals von existenzieller Bedeutung ist.
Noch ist Gas verlässlicher und vor allem billiger für den Endverbraucher als Windenergie. Windenergie ist in Russland noch nicht wirklich auf dem Vormarsch, aber wir behalten die Entwicklung natürlich im Auge. Im Bereich der Gaslieferungen gibt es jedoch zwischen Deutschland und Russland bereits eine jahrzehntelange verlässliche Zusammenarbeit. In diesen politisch schwierigen Zeiten sollten wir zumindest diesen wirtschaftlichen Dialog mit Russland aufrechterhalten.
Bedenken Sie auch, dass bestehende Sanktionen, die nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 von der EU verhängt wurden, die Umsetzung von großen Investitions- und Handelspaketen in dem Land erheblich erschweren. Die Debatte um Nord Stream 2 zeigt, wie sogar Aufträge, die vor den Sanktionen unterzeichnet wurden, politisch instrumentalisiert und gefährdet werden können.
Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte! Sollten Sie weitere Fragen haben oder Informationen benötigen, haben Sie keine Scheu sich auch jederzeit direkt an mich und mein Büro wenden. Dieses erreichen Sie über meine Homepage www.daniela-de-ridder.de , über Facebook unter fb.me/dr.danieladeridder oder über die E-Mail-Adresse daniela.deridder@bundestag.de
Mit den besten Grüßen und Wünschen
Ihre
Dr. Daniela De Ridder, MdB