Frage an Daniela De Ridder von Richard W. bezüglich Verteidigung
Guten Tag Frau De Ridder,
Die Welt rüstet auf, besonders USA/NATO, die von den fast 2 Billionen US$ mehr als die Hälfte ausgeben. Deutschland mit knapp 50 Milliarden hat gewaltig zugelegt und liegt nun an 7. Stelle in der Rangliste von Sipri. Wird das geforderte 2% Ziel vom BIP erreicht sein, werden es zwischen 70 und 80 Milliarden/Jahr sein und Deutschland wird dann den dritten Platz erreicht haben und die stärkste konventionelle Armee in Europa stellen. Schon jetzt ist die Bundeswehr in mehr als 10 Ländern militärisch aktiv. Stimmen Sie dieser Militarisierung zu und wenn ja, warum?
Mit freundlichen Grüßen
R. W.
Sehr geehrter Herr Wildner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen. Gerne möchte ich auf Ihr Anliegen zu den Rüstungsausgaben eingehen.
Das sogenannte 2-Prozent-Ziel der NATO, dass bereits 2002 in Prag festgelegt und im Jahr 2014 noch einmal bekräftigt wurde, ist eine willkürlich festgelegte Marke. Sie sagt aus, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes eines NATO-Staates für die Verteidigung ausgegeben werden solle. Diese politisch festgelegte Zahl ist allerdings nur ein Richtwert, der bei genauerer Betrachtung aber wenig aussagt.
Besonders nach der Corona-Pandemie wird sich das Weltwirtschaftsklima deutlich abgekühlt haben und das BIP schrumpft. Im Endeffekt bedeutet das aber auch, dass mit dem Sinken des BIP zwei Prozent in absoluten Zahlen deutlich weniger sind. Und so könnten wir nach der Corona-Pandemie bei 1,6 Prozent des BIP für Rüstungsausgaben liegen, obwohl wir natürlich keinen Euro mehr ausgegeben haben. Sie sehen also, dass diese Zahl kein verlässliches Instrument darstellt.
Richtig ist allerdings auch, dass wir in den letzten Jahren zu einer Verstetigung der Verteidigungsausgaben gekommen sind. Jahrelang hat die Bundeswehr mit unzureichenden Kapazitäten arbeiten müssen, der Zustand der Ausrüstung war häufig bemitleidenswert und als Politikerin ist es unverantwortlich, Soldatinnen und Soldaten damit in einen Einsatz zu schicken. Zu den Verteidigungsausgaben zählen aber auch Gelder, die für Katastrophenschutz oder die Konfliktbearbeitung verwendet werden.
Vielmehr müssen wir uns damit beschäftigen, welche Fähigkeiten wir der Bundeswehr zubilligen wollen, die letztendlich auch im NATO-Rahmen eingesetzt werden. Daher erfolgt in den kommenden Jahren eine Modernisierung von Gerät und Ausrüstung, die kostenintensiv sein wird: Seien es die Nachfolge der Tornados, die jüngst beschlossene Bestellung der MKS 180-Fregatten und weitere Mordernisierungsvorhaben des Heeres werden ihrerseits nicht ohne die ausreichende Finanzierung realisierbar sein. Doch wir gewinnen mit diesen neuen Vorhaben auch neue Fähigkeiten, die der NATO weitaus dienlicher sind als das 2-Prozent-Ziel.
Jedoch kann nicht von einer Militarisierung gesprochen werden und auch die Behauptung, die Bundeswehr sei in mehr als zehn Ländern militärisch aktiv ist eine Verkürzung der Debatte und eine Reduzierung der umfänglichen Aufgaben unserer Soldatinnen und Soldaten die durch Ausbildungsunterstützung Hilfe zur Selbsthilfe leisten oder sehr konkret die Zivilbevölkerung vor Angriffen von Rebellen und Terroristen schützt.
Sicherlich mag es richtig sein, dass wir uns viel stärker mit der Bundeswehr engagieren. Aber es ist auch richtig, dass uns die Europäische Union, die NATO und die Vereinten Nationen im hohen Maße trauen und vertrauen. Dieses Vertrauen wollen wir nicht enttäuschen. Und wer das Vertrauen von anderen genießt, dem eröffnen sich auch neue Möglichkeiten und Wege in der Konfliktbearbeitung. Denn für die SPD-Bundestagsfraktion ist eines besonders wichtig: den sozialen Frieden in Konfliktländern wieder aufbauen oder zu bewahren helfen.
Sollten Sie weitere Fragen haben oder Informationen wünschen, wenden Sie sich doch bitte direkt an mich unter daniela.deridder@bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dr. Daniela De Ridder, MdB