Frage an Daniela De Ridder von Ingrid K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. De Ridder,
zum Konzernsteuer-Transparenzgesetz: Ich kann nicht verstehen, warum die SPD diesem Gesetz nicht einfach zustimmt. Olaf Scholz hat sich nun Aufschub verschafft und noch nicht blockiert. Könnten Sie auf den Finanzminister einwirken, dieser m.E. so wichtigen und längst überfälligen Maßnahme für mehr Steuergerechtigkeit zuzustimmen?
Wenn Deutschland sich hier nach Schäuble-Manier wieder verweigert, kann ich als langjährige Anhängerin der SPD diese Partei nicht mehr wählen. Dies ist keine Drohung, sondern ein aus Bitterkeit entstandener Entschluss.
Auf Ihre Antwort warte ich hoffnungsvoll.
Ihre I. K.
Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank für Ihr Schreiben in Bezug auf die länderbezogene Steuerberichterstattung (Country-by-Country-Reporting, im folgenden CbCR genannt), auf das Sie, wahrscheinlich durch eine große NGO unter dem Stichwort "Konzernsteuer-Transparenzgesetz" aufmerksam wurden.
Mit dem sogenannten öffentlichen CbCR soll mehr Transparenz bei der Konzernbesteuerung durch die Verpflichtung zur Erstellung länderbezogener Berichte über ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten, ihre Gewinne und Steuerzahlungen und durch einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden hergestellt werden. Dies soll insbesondere Steuerflucht und die aggressive Steuerplanung von großen Unternehmen erfolgreicher bekämpfen.
Bisher ist eine Offenlegung der entsprechenden Informationen nur gegenüber der Steuerverwaltung verpflichtend. In der letzten Wahlperiode haben wir das Country-by-Country-Reporting zwischen den Steuerbehörden eingeführt. Dazu wurde die Abgabeordnung um eine entsprechende Pflicht für große international tätige Unternehmen ergänzt. Die Pflicht zu einer länderspezifischen Berichterstattung ist – entgegen den in derzeit laufenden Kampagnen zum Teil dargestellten Informationen – also schon in Kraft! Die notwendige gesetzliche Basis für die Offenlegung gegenüber Steuerbehörden, die dann die Ermittlungen aufnehmen, existiert bereits jetzt schon!
Die Besteuerung von Konzernen hängt also – entgegen den Informationen der Kampagnen – nicht von der Zustimmung des Europäischen Rates zu dem Richtlinienvorschlag der Kommission ab, da das Country-by-Country-Reportings zwischen den Steuerbehörden bereits eingeführt wurde.
Bei der angeblich blockierten Richtlinie (Vorschlag für eine RL des EP/der KOM im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen, Änderung der RL 2013/34/EU) geht es ausschließlich darum, dass man noch einen Schritt weiter geht und das Reporting auch verpflichtend öffentlich macht, und zwar dahingehend, dass die Offenlegung des sogenannten Ertragssteuerinformationsberichts nunmehr auch gegenüber Nicht-EU-Staaten, die auf einer noch zu erstellenden Liste stehen, öffentlich wird und eine Veröffentlichung im Internet für mindestens 5 Jahre (sanktionsbewährt bei Verstoß) erfolgen soll.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat, wie auch der ehemalige Bundesminister der Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, die Richtlinie stets befürwortet. Wir halten die Vorschläge der Kommission und des Europäischen Parlamentes für gut und unterstützen sie.
Gegen Steuerflucht, unzulässige Steuervermeidungsmodelle und zur Vermeidung der Machenschaften wie die des Panama-Papers-Skandals, ist Transparenz das richtige Mittel, um Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und um zu zeigen, dass der Staat die Einhaltung der Steuerpflicht ernst nimmt. Dafür ist Transparenz und öffentliche Kontrolle erforderlich. Die Skandale der letzten Zeit haben zudem gezeigt, dass nur dank Whistleblowern Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken öffentlich wurden, weshalb wir deren Schutz verbessern müssen.
Eine Einigung innerhalb der Bundesregierung konnte in der 18. Wahlperiode nicht erreicht werden, so dass eine Abstimmung im Rat zur Richtlinie bisher offen geblieben ist. Der Grund dafür ist, dass der Union die in der EU-Richtlinie Regelungen zu weit gehen und die Union transparentere Regelungen nicht will. Wir unterstützen aber im Sinne größerer Transparenz die EU-Richtlinie zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen.
Wer also wie Sie, völlig zu Recht mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit fordert, der sollte sich an CDU/CSU wenden, die weitergehende, notwendige Regelungen blockiert.
Daher schlage ich Ihnen gerne vor, auch den Kontakt zur finanzpolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Frau Antje Tillmann, aufzunehmen. Sie erreichen Frau Tillmann unter der E-Mail-Adresse antje.tillmann@bundestag.de
Bitte halten Sie mich dann unbedingt über Ihre Korrespondenz auf dem Laufendem, so dass ich ersehen kann, wo und wie ich ggf. auch ganz persönlich intervenieren kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dr. Daniela De Ridder, MdB