Frage an Daniel Volk von Klaus R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Volk,
Wann endlich können wir in freier Entscheidung über unsere Verfassung entscheiden?
Der Artikel 146 des im Jahre 1949 unter westalliierter Oberhoheit für die Bundesrepublik geschaffene Grundgesetzes lautete bis zum Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 31.8.1990 wie folgt:
»Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.«
Mit Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt Teil II vom 23.9.1990, Seite 885 ff, wurde dieser Artikel wie folgt geändert:
»Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.«
Da die Einheit und Freiheit Deutschlands aber eben noch nicht vollendet worden ist, wie die aufgezeigten fortgeltenden Souveränitätsbeschränkungen beweisen, ergeben sich a) die staatsrechtliche Frage, ob und ab wann es denn überhaupt gilt und b) die bleibende Aufforderung an das deutsche Volk, in freier Entscheidung eine Verfassung zu beschließen, die allein die letzte, in freier Entscheidung gegebene Reichsverfassung von 1919 ablösen könnte.
Wie lange soll dieser friedensvertraglose und verfassungsrechtlich unbefriedigende Zustand noch andauern?
(Das Grundgesetz wurde nie vom Volk Ratifiziert -- Keine Ratifikation = Kein Recht!)
Rede des Abgeordneten Dr. Carlo Schmid (SPD) im Parlamentarischen Rat am 8. September 1948
Eine Verfassung ist die Gesamtentscheidung eines freien Volkes über die Formen und die Inhalte seiner politischen Existenz.
Sondern was wir machen können, ist ausschließlich das Grundgesetz für ein Staatsfragment. Die eigentliche Verfassung, die wir haben, ist auch heute noch das geschriebene oder ungeschriebene Besatzungsstatut.
usw. siehe die komplette Rede
MfG. Rinderknecht, Jettingen
Sehr geehrter Herr Rinderknecht,
das deutsche Grundgesetz ist die Verfassung der Deutschen und damit legitime rechtliche und politische Grundordnung. Wie Sie schon richtig festgestellt haben, wurde das Grundgesetz im Auftrag der westlichen Besatzungsmächte erarbeitet und vom Parlamentarischen Rat und den Landtagen angenommen und galt im Jahr 1949 als Zwischenlösung.
Unser Grundgesetz ist jedoch nach der Wiedervereinigung zur Verfassung des gesamtdeutschen Staates geworden, da es neben den verankerten Grundrechten, den Grundentscheidungen über die Form der politischen Existenz wie Demokratie, Republik, Sozialstaat, Bundesstaat auch die wesentlichen Rechtstaatsprinzipien enthält. Unser Grundgesetz regelt die Staatsorganisation, sichert die individuellen Freiheiten, und errichtet eine objektive Werteordnung. Eine Volksabstimmung gab es nicht, dennoch kann man sagen, dass durch wiederholte Wahlen der Vertreter des Volkes auf Bundes- wie auf Landesebene das Deutsche Volk das Grundgesetz indirekt als gültige Verfassung anerkannt hat.
Gerade die FDP, die für die Stärkung von Freiheit und Verantwortung als zentrales Ziel eintritt, befürworten die direktdemokratischen Züge des Grundgesetzes wie Volksentscheide und Volksbegehren. So ist es möglich und wichtig am politischen Geschehen direkt teilzunehmen und durch Stimmenmehrheiten, Änderungen herbeizuführen. So auch eine neue Verfassung. Aber es steht fest, dass es dennoch richtig und wichtig ist, die Hürden für eine solche gravierende Änderung oder Abschaffung unseres Grundgesetzes hoch zu stecken, da eben dieses die freiheitlich-demokratischen Grundrechte eines jeden Einzelnen von uns ordnet, schützt und sichert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Daniel Volk